|Rezension| Fleisch – Simone Meier

von | Mai 12, 2017 | 1 Kommentar

Über Fleischesgelüste im mittleren Alter…

Verlag: Kein & Aber
Gebundene Ausgabe: 22,00 Euro
Ebook: 17,99 Euro
Erscheinungsdatum: 31.01.2017
Seiten: 256

„Es gab Dinge, die waren nur für den Einweggebrauch bestimmt. Sreichhölzer, Kondome, Zigaretten, Tampons, One-Night-Stands, die Jungfräulichkeit.“ (S.155)

Worum geht´s?

Anna und Max, beide Mitte vierzig, sind miteinander zur Schule gegangen und viel später aus Bequemlichkeit ein Paar mit langweiligen Paarfantasien geworden. Doch dann verliebt sich Anna, geplagt von allen Begleiterscheinungen des Älterwerdens, zum ersten Mal in eine Frau, in die 27-jährige Lilly. Und Max verliebt sich in Lillys Mitbewohnerin Sue, die jedoch nur gegen Geld mit ihm ins Bett geht. Anna träumt von Lilly, schläft aber mit einem Filmstar. Lilly wiederum muss sich um ihren kleinen Bruder kümmern, der Eltern und Lehrer zur Verzweiflung treibt, doch Anna ist ihr keineswegs entgangen. Psychoterror und Wahnsinn schleichen sich in die Geschichte, dennoch wird ein Happy End angepeilt.

Cover und Titel

Ein Buch, dessen Titel “Fleisch” ist und bei dem es sich definitiv nicht um ein Kochbuch handelt, hat sofort meine Aufmerksamkeit. Welch seltsamer Titel für einen Roman. Mein erster Gedanke war “Geht es hier um Kannibalen?” Damit lag ich sowas von daneben. Vielmehr schreibt Simone Meier über fleischliche Gelüste. Das Hintergrundmotiv, das für mich auf den ersten Blick wie ein Leopardenmuster wirkte, soll vermutlich die Struktur von Fleisch darstellen und steht im krassen Gegensatz zum recht verspielt dargestellten Titel mit seinem Herz und Sternchen, was nur noch neugieriger auf den Inhalt macht.

Mein Eindruck

Das, was sich über das äußere Erscheinungsbild von “Fleisch” sagen lässt, trifft auch auf den Inhalt zu: Irgendwie passt nichts zusammen und gerade das macht ihn so interessant. Aber von vorn:

Auch wenn sich dieser Roman um kein höchst intellektuelles Thema dreht, sondern lediglich um ein Paar, das eigentlich keins ist, sondern eher eine Zweckgemeinschaft und irgendwann (getrennt voneinander) beschließt, das jeweilige Glück anderswo sucht, ist dies kein anspruchsloses Buch. Im Gegenteil. Ja, es gibt viele vulgäre Passagen, aber es gibt eben auch die, in denen sehr deutlich wird, welches schriftstellerische Talent Simone Meier hat. “Fleisch” ist keine “Feuchtgebiete”-Kopie, auch wenn man das bei diesem Titel und einigen Rezensionen denken möge. Es ist vielmehr eine originelle, etwas überspitzt dargestellte Geschichte über zwei verkorkste Charaktere, die dem Leser einen interessanten Einblick in ihr Leben geben. Es geht um Körperidentität, sexuelle Gelüste, kulinarische Gelüste – also Fleisch im weiteren und engeren Sinne. Beide Protagonisten sind unzufrieden mit ihrer Beziehung, statt aber miteinander zu reden, sucht sich jeder einen Ausweg aus der unbefriedigenden Lage und trifft dadurch auf andere verkorkste Charaktere und so nimmt das Schauspiel seinen Lauf.

Obwohl mich der Roman dank der originellen Erzählweise der Autorin gut unterhalten hat, war er kein Lesevergnügen. Um diese 250 Seiten zu lesen, habe ich zwei Wochen benötigt. Und das hatte seinen Grund. Ich konnte die beiden Protagonisten und ihre Gedanken nur in geringen Dosen vertragen. Sie sind schlichtweg so skurril, dass ich damit stellenweise überfordert war. Es verhält sich ein wenig wie mit Trash-TV: Irgendwie sind die Figuren so unsagbar unerträglich, dass man es nicht lange mit ihnen aushält. Aber letztlich will man doch wissen wie ihre Geschichte ausgeht.

Manchmal war ich genervt von den Klischees: Ein 50-Jähriger in der Midlifecrises, der mit dem Cabrio durch Italien fährt und eine wesentlich jüngere Frau für Sex bezahlt. Eine 50-Jährige mit einem schwulen besten Freund,die plötzlich ihre Leidenschaft für eine (ebenfalls viel jüngere) Frau entdeckt. Und eine WG mit jungen Leuten, in deren Hausflug Erbrochenes liegt und die ei Kakerlakenproblem haben. Nun ja… Manchmal war es zu viel des Guten. Und trotzdem erzählt Meier derart originell, dass man dran bleibt und natürlich wissen wll in wieweit die Protagonisten ihre Fleischesgelüste am Ende befriedigen oder nicht.

Am Ende liefert Meier passend zum bisherigen Verlauf des Geschehens einen fulminanten Showdowns, der irgendwo ziemlich amüsant und lächerlich zu verorten ist.

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Mein Fazit:

Mit “Fleisch” liefert SImone Meier einen unterhaltsamen Roman über Frauen und Männer im mittleren Alter und den damit verbundenen Problemen. Lesenwert ist die Geschichte allein aufgrund des differenzierten Schreibstils der Autorin allemal, ob sie nachhaltig im Kopf bleibt, ist eine andere Frage. Aber nicht jedes Buch muss den Leser verändern, manchmal reicht es auch völlig aus, auf originelle Art unterhalten zu werden. Dies ist in “Fleisch” definitiv der Fall.

 

Vielen Dank an den Kein und Aber Verlag für dieses Rezensionsexemplar.
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