|Rezension| Lügen Sie, ich werde Ihnen glauben – Anne-Laure Bondoux/ Jean-Claude Mourlevat

von | Sep. 26, 2016 | 0 Kommentare

Originell, sprachlich überzeugend und spannend bis zum Ende

Originaltitel: Et je danse, aussi
Übersetzung: Ina Kronenberger
Gebundene Ausgabe: 20,00 Euro
Ebook: 15,99 Euro
Erscheinungsdatum: 25.07.2016
Seiten: 288

„Als ich die letzte (Mail) in meinem Posteingang vorgefunden habe, ist meine Stimmung sofort nach oben geschnellt. Da sie gestern Abend gegen 22 Uhr aber auf unter Meereshöhe gerutscht war, reicht das noch nicht. Ich setze daher auf Ihre Rettungsbojen.” (S.34)

Worum geht´s?

Als der berühmte Schriftsteller Pierre-Marie Sotto ein dickes Kuvert in seinem Briefkasten findet, hat er, im Glauben, es handle sich um ein Manuskript, zunächst nur eines im Sinn: zurück damit an die Absenderin! Doch anstatt Adeline, „groß, brünett, dick“ (wie sie sich selbst beschreibt), und ihre mysteriöse Sendung so schnell wie möglich wieder loszuwerden, kommen sich die beiden – per E-Mail – schon bald so nahe, dass einer ohne die Nachrichten des anderen nicht mehr sein kann. Bis das ominöse Paket seine Überraschung preisgibt … Eine Liebesgeschichte der besonderen Art, ein E-Mail-Roman voller Witz und Eleganz – beste Unterhaltung aus Frankreich!

Mein Eindruck

Immer wenn es einen neuen Brief- oder in diesem Fall E-Mail-Roman auf dem Markt gibt, stürze ich mich wie eine Wahnsinnige darauf, in der Hoffnung, nochmals eine so großartige Geschichte wie “Gut gegen Nordwind” von Daniel Glattauer geboten zu bekommen. Bei “Lügen Sie, ich werde Ihnen glauben” hatte ich vor allem durch den originellen Titel und der Tatsache, dass es sich um einen französischen Roman handelt, von vornherein ein gutes Gefühl.

Die Erzählperspektive ist typisch für einen Briefroman – einzelne Briefe bzw. hier E-Mails, mit Datum überschrieben aus der Sicht des Schreibenden, demnach relativ regelmäßig abwechselnd von den beiden Protagonisten. Da es sich hier um ein Autorenduo aus Mann und Frau handelt, aus deren Feder der Roman stammt, ist anzunehmen, dass jeder den seinem Geschlecht entsprechenden Part übernommen hat.

Ich war sofort vom lockeren Plauderton der Briefe eingenommen. Mit viel Witz einerseits aber auch der entsprechenden Höflichkeit, manchmal sogar Steifheit in der Kommunikation zweier einander unbekannter Erwachsener fortgeschrittenen Alters entspinnt sich zwischen dem berühmten Schriftsteller Pierre-Marie und einer seiner Leserinnen Adeline ein sehr persönlicher Austausch, dem ich mich nicht entziehen konnte.

Was ich besonders faszinierend finde, ist die Tatsache, dass die Autoren ein ähnlicher Altersunterschied trennt wie die Protagonisten – dieser findet sich in ihrer Art zu schreiben auch wieder und macht die Geschichte umso authentischer. Pierre-Marie nutzt öfter antiquierte Wörter, schreibt insgesamt literarischer (er ist schließlich auch Schriftsteller) und durchaus anspruchsvoll. Aber auch Adeline hat die Gabe sich wunderbar auszudrücken, nur eben auf frischere, unverblümtere Art und Weise als ihr knapp 20 Jahre älterer virtueller Gegenüber. Und so nähern sich die beiden an mit allem was dazu gehört:  Romantik, Missverständnisse, überraschende Wendungen, aber auch schlichte Schilderungen aus dem Alltag. Diese Mischung war perfekt und das Ende überraschend, aber letztlich stimmig.

Was diesen Roman neben seiner Authentizität und dem angenehmen aber auch anspruchsvollen Schreibstil so besonders macht, ist sein französischer Charme. So können einfach nur Franzosen schreiben und ich finde, der Übersetzerin ist es großartig gelungen, diesen Charme aufrechtzuerhalten, auch wenn er im Original vermutlich noch viel besser zum Ausdruck kommt. Es ist dieser Mix aus origineller Story, anspruchsvollem Erzählstil, bissigem Humor und authentischen Charakteren, der in mir den Wunsch weckt, sofort nach Frankreich auszuwandern.

Mein Fazit:

„Lügen Sie, ich werde Ihnen glauben“ reiht sich neben “Gut gegen Nordwind” von Daniel Glattauer und “Warte auf mich” von Philipp Andersen und Miriam Bach in die Riege der großartigen E-Mail-Romane ein. Was diesen Roman von den beiden anderen unterscheidet, ist sein unverwechselbarer französischer Charme, der von der ersten bis zur letzten Seite überzeugt. Ganz klare Leseempfehlung!

 
Vielen Dank an die Hanser Literaturverlage für dieses Rezensionsexemplar.
 
 
Share This