|Rezension| Kruso – Lutz Seiler
Abbrechen oder brechen – das war hier die Frage!
Inhalt
Als seine Freundin verunglückt und er in ein tiefes Loch zu stürzen droht, beschließt Edgar Bendler, nach Hiddensee zu fliehen – auf jene legendenumwobene Insel, die schon vielen Gestrandeten als Zuflucht diente. Er wird Abwäscher im Klausner, einer Kneipe hoch über dem Meer, und lernt Alexander Krusowitsch kennen – Kruso. Eine schwierige, zärtliche Freundschaft beginnt. Von Kruso, dem Meister und Inselpaten, wird Ed eingeweiht in die Rituale der Saisonarbeiter und die Gesetze ihrer Nächte. Nach und nach erschließen sich ihm die Geheimnisse der Insel und des Klausners. Als Ed schon glaubt, wieder einen Platz im Leben gefunden zu haben, erschüttert der Herbst 89 das fragile Gefüge der Inselbewohner. Am Ende steht ein Kampf auf Leben und Tod – und ein Versprechen. Inselabenteuer und Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft – Lutz Seilers preisgekrönter Roman schlägt einen Bogen vom Sommer 89 bis in die Gegenwart. Die einzigartige Recherche, die diesem Buch zugrunde liegt, folgt den Spuren jener Menschen, die bei ihrer Flucht über die Ostsee verschollen sind, und führt uns dabei bis nach Kopenhagen, in die Katakomben der dänischen Staatspolizei.
Mein Eindruck
Ich hätte wohl nie zu diesem Roman gegriffen, wenn er nicht Hiddensee als Schauplatz hätte. Ich interessierte mich aber für die Geschichte der Insel und fand den auf dem Klappentext beschriebenen Plot nicht uninteressant: Eine tote Freundin, ein Mann, der vor Kummer nach Hiddensee flüchtet und dort einen Einblick in das besondere Leben der Saisonarbeiter erhält.
Ich sage es gleich vorweg: Ich bin nicht über Seite 100 hinausgekommen, kann also keine Auskunft über die Schlüssigkeit oder den Spannungsgrad der Geschichte treffen. Aber was ich beurteilen kann, ist der Schreibstil des Autors und mit diesem kam ich so gar nicht klar. Gleich zu Beginn fand ich merkwürdig, dass seine Freundin namenlos bleibt und lediglich als “G.” betitelt wird. Sicherlich soll das eine gewisse Distanz zu ihr vermitteln, die sich die Hauptfigur Ed vielleicht einredet, weil G. tot ist. Mir jedenfalls war das zu unpersönlich und emotionslos. Damit hätte ich noch leben können, wenn der Schreibstil mir ansonsten zugesagt hätte, aber das war nicht der Fall. Manchmal liest man Bücher und weiß vielleicht aufgrund eines ungewöhnlichen Vornamens nicht, ob der Autor männlich oder weiblich ist und es spielt letztlich auch überhaupt keine Rolle. Ich schwöre, man könnte die ersten 20 Seiten von “Kruso” 50 Frauen zum Lesen geben und 49 davon würden erraten, dass der Autor ein Mann ist. Lutz Seiler beschreibt Dinge, die für mich völlig redundant sind. Er hat einen durch und durch männlichen Blick beim Schreiben – das war mir zu viel bzw. kam ich damit schlichtweg nicht klar. Ich war gelangweilt, konnte nicht nachvollziehen, warum er dies beschreibt und das wiederum nicht. Abbrechen wollte ich das Buch bereits auf Seite 31 bei folgender Textstelle, in der er seine Faszination darüber wie einfach es ist, in ein Hotel einzuchecken, beschreibt: “Mit der Zeit vergaß man einfach, dass diese Dinge noch existieren, im Grunde glaubte man nicht mehr daran, ja, man vergaß, wozu das Leben überhaupt gut sein konnte. So oder so ähnlich dachte Ed. Er wollte onanieren, aber dann fehlte ihm die Konzentration.” Ah ja, dachte ich. Eigentlich hatte ich bereits jetzt keine Lust mehr auf das Buch, aber wollte auch nicht vorschnell aufgeben, schließlich wollte ich doch etwas über die Insel Hiddensee lesen und dort war der Protagonist noch nicht einmal angekommen. Also las ich weiter und erfuhr wie er auf der Insel ankommt (die zu dem Zeitpunkt noch jede beliebige Insel sein könnte) und nach einem Schlafplatz und Arbeit sucht, die er schließlich auch findet. Auf Seite 41 dann der nächste WTF-Moment: “Aus dem Brötchen, die er in Kloster bei einem Bäcker namens Kasten gekauft hatten war ein einziger Brei geworden. Er knetete ein paar Kugeln und drückte dabei eine spermaähnliche Flüssigkeit aus dem Teig.” Keine, ich betone, KEINE Frau würde das schreiben. Was soll diese Spermafixiertheit an dieser Stelle?
Ich habe letztlich noch bis Seite 100 durchgehalten und das Buch letztlich abgebrochen. Ich möchte nichts mehr über fehlende Konzentration beim Onanieren und Sperma-Brötchen lesen. Und überhaupt möchte ich nichts mehr von Lutz Seiler lesen.
Mein Fazit:
Dieser Roman hat 2014 den Deutschen Buchpreis gewonnen. Ob in der Jury nur Männer saßen? Ich weiß es nicht, aber es bestärkt mich in meiner Theorie, das Buchpreis-prämierte Bücher und ich so gut zusammenpassen wie eine Sperma-Metapher im Zusammenhang mit Brötchen. Mag sein, dass der Plot gut ist. Der Schreibstil ist es meiner Meinung nach nicht. Und wer sich “Kruso” als Urlaubslektüre für einen Hiddensee-Urlaub ausgesucht hat, wird möglicherweise enttäuscht sein, denn soweit ich es beurteilen kann, gelingt es Seiler nicht, den besonderen Charme dieser kleinen Insel einzufangen.