|Rezension| Zeilen ans Meer – Sarah Fischer
Wenn Briefe dein Herz erwärmen…
„Es fühlt sich gerade an, als ob das echte Leben nicht mehr um unsere rosarote Wolke herumfährt, sondern vorzugsweise mittendurch, und zwar mit einem Monstertruck, der viel Chaos hinterlässt.“ (S.218)
Inhalt
Mein Eindruck
Eigentlich bin ich der klassischen Liebesroman-Phase entwachsen. Ich habe Jahre lang so viele Liebesgeschichten gelesen, dass ich sie mit ihrem immer gleichen Prinzip irgendwann über hatte. Nachdem ich in den vergangenen Wochen einige Bücher gelesen hatte, die zwar handwerklich gut gemacht waren, aber mich emotional überhaupt nicht gepackt haben, hatte ich Lust auf eine große Portion Gefühl. Da kam der von Sarah Fischer verfasste und erst kürzlich erschienene Roman „Zeilen ans Meer“ genau richtig. Der Klappentext hatte mich augenblicklich überzeugt und ich wusste: „Dieses Buch brauche ich jetzt.“ Die Tatsache, dass es sich bei „Zeilen ans Meer“ um einen Briefroman handelt, war letztlich das ausschlaggebende Argument.
Am Anfang hatte ich mit dem Schreibstil der Briefe noch meine Probleme. Er wirkte etwas künstlich auf mich, zumal die Briefe viele Informationen enthielten, die niemand so schreiben würde, aber die sicher dazu dienten, den Leser ins Bild zu setzen. Ich hab mich aber relativ schnell daran gewöhnt und gleich mal die ersten 100 Seiten am Stück gelesen. Das ist mir schon ewig nicht mehr passiert und spricht letztlich für einen hervorragenden Spannungsbogen, den Sarah Fischer allein durch den Briefverkehr zwischen Lena aus Deutschland und Sam aus Australien erzeugt. Genau wie der Empfänger des jeweiligen Briefes weiß der Leser nicht, was im Hintergrund im Leben des Schreibers erzählt. Die Lücken, die dadurch ganz automatisch entstehen, machen meiner Meinung nach den Reiz eines Briefromans aus.
Mir gefällt außerdem die Idee, dass zwei Fremde sich in Zeiten von Facebook, WhatsApp und Co. klassische Briefe schreiben, die aufgrund ihrer Leben auf zwei Kontinenten auch noch tage- oder sogar wochenlang unterwegs sind. Es ist so schön, diese entschleunigte Form des Kennenlernens mitzuverfolgen und mitzufiebern wie sich ihre Beziehung nach und nach wandelt, die Neugier auf den anderen wächst und wie erste Differenzen auftreten, weil die gegenseitigen Ansprüche steigen.
Letztlich liefert Sarah Fischer mit den Briefen, die als harmloser Smalltalk beginnen und sich mit der Zeit in echte Liebesbriefe wandeln genau das, was ich gebraucht habe: Emotionen pur! Diese werden im Gegensatz zu einem klassischen Liebesroman nicht durch Beschreibungen erzeugt, sondern durch die Protagonisten selbst verbalisiert, was sie so wahrhaftig und nachfühlbar macht.
Natürlich ist das Ende der Geschichte vorhersehbar, genauso wie manche Wendungen innerhalb des Romans, aber das fällt gar nicht ins Gewicht, weil Sarah Fischer mit „Zeilen ans Meer“ einen Wohlfühlroman geschrieben hat, in den man sich und sein Herz bedenkenlos hineinstürzen kann mit der Gewissheit, dass man im Gegensatz zur Realität nicht verletzt wird.
Mein Fazit:
Wer mich kennt, weiß, dass mein Lieblings-Liebesroman „Gut gegen Nordwind“ ist – ebenfalls ein Briefroman. Mit diesem kann „Zeilen ans Meer“ nicht ganz mithalten, da mir dafür nicht nur der Wortwitz fehlt, der Daniel Glattauers Roman so besonders macht, sondern auch die Authentizität. Zum Wegträumen und sich seinen Emotionen hingeben, ist „Zeilen ans Meer“ allerdings perfekt geeignet.