|Rezension| Jahre später – Angelika Klüssendorf
Distanzierte Erzählweise macht Zugang zur Geschichte unmöglich
„April ist wütend, weil sie es nicht schafft, easy going zu sein, und verabscheut sich gleichzeitig dafür, es sein zu wollen.“ (S.21)
Worum gehts?
Die Anatomie einer toxischen Partnerschaft.
Mit »Das Mädchen« und »April« – beide auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis – schrieb Angelika Klüssendorf die Geschichte einer starken jungen Frau, die ihren Weg geht unter widrigen Umständen. »Jahre später« erzählt nun von der intensivsten, aber auch zerstörerischsten Beziehung des erwachsenen Mädchens April – ihrer Ehe.
Auf einer Lesung lernt sie einen Mann kennen, der April zunächst durch seine dreist raumnehmende Art auffällt. Es ist nicht Sympathie, die sie zusammenführt. Es ist eine andere Form der Anziehung: Intensität. Angelika Klüssendorf erzählt, wie eine Liebe zwischen zwei radikalen Einzelgängern entsteht, die beide mit ihren eigenen Mitteln versuchen, ins Soziale zu finden und zu sich selbst. Es ist eine Geschichte von der Bereitschaft, sich zu öffnen, von glühender Gemeinsamkeit, aber auch den unaufhaltsamen Fliehkräften, die das Paar auseinandertreiben. Ohne jemals Partei zu ergreifen oder seine Figuren zu denunzieren, entwickelt »Jahre später« die Anatomie einer toxischen Partnerschaft. Als Leser wünscht man bis zuletzt, dass es gelingen möge, und zugleich, dass es endlich ein Ende hat mit den beiden. Ein Buch, das keinen Moment lang unberührt lässt.
Mein Eindruck
Seit Jahren steht „April“ von Angelika Klüssendorf ungelesen in meinem Bücherregal. Als nun „Jahre später“ – der dritte Teil der Lebensgeschichte von April erschien, sprach mich dessen Klappentext so sehr an, dass ich mich quasi blind und ohne die vorangegangenen Romane zu kennen, in das Buch gestürzt habe.
An sich erzählt die Autorin hier eine interessante Geschichte über eine ungewöhnliche Ehe, die von der Protagonistin reflektiert wird. Mein großes Problem war also nicht die Geschichte selbst, sondern wie sie erzählt wird, nämlich absolut emotionslos. So konnte ich ihr nichts abgewinnen konnte, obwohl ich das Thema spannend finde. Ich hatte gehofft, ich gewöhne mich vielleicht an den Schreibstil, habe den Roman aber letztlich doch nach der Hälfte abgebrochen. Das ist so schade, weil das wunderschöne Cover und der Klappentext so vielversprechend waren.
Mit der schmucklosen Sprache, die sich auf das Wesentliche beschränkt hätte ich ja noch gut leben können, allerdings nicht mit der Gefühlskälte, die den Roman durchdringt. Mag sein, dass Angelika Klüssendorf hier ganz hohe Erzählkunst abliefert, aber dann stehe ich vermutlich einfach nicht auf diese hohe Kunst. Ich brauche wirklich kein großes Drama oder gefühlsbetonte Dialoge, aber ich muss mich in die Figuren einfühlen können und das war in „Jahre später“ leider nicht möglich.
Ich weiß nicht, ob ich den Zugang zur Geschichte vielleicht nicht fand, weil ich die ersten beiden Teile des Romanzyklus (April, Das Mädchen) nicht kenne.
Mein Fazit:
In „Jahre später“ schreibt Angelika Klüssendorf über den Mikrokosmos Ehe ihrer schon aus zwei vorangegangenen Romanen bekannten Protagonistin April. Es ist nicht nur thematisch ein unbequemer Roman, sondern auch erzählerisch, denn die distanzierte, gefühllose Erzählweise hat dazu geführt, dass ich keinen Zugang zur Geschichte und ihren Figuren fand. Schade!