|Rezension| Nachtleben – Sabin Tambrea

von | Jan 18, 2022 | 0 Kommentare

War das Lektorat betrunken?

Verlag: Atlantik
Gebundene Ausgabe: 20,00 Euro
Ebook: 12,99 Euro
Erscheinungsdatum: 05.10.2021
Seiten: 176
 

Inhalt

Anna und Anno bedeuten füreinander das ergänzende Gegenstück, nach dem wir alle suchen. Sie leben ein modernes Großstadtleben, geprägt von Partys, Freundschaften und auch dem emotionalen Ballast, den beide aus ihrer Jugend mitbringen. Als Anno durch einen tragischen Unfall ums Leben kommt, findet Anna dennoch einen Weg, um mit Anno gemeinsam das Leben zu führen, welches sie sich gegenseitig versprochen haben – auch wenn es sie dabei an die Grenzen ihres Verstandes führt.

Mein Eindruck

Ich bin wohl eine der wenigen, die diesen Roman nicht aufgrund des Schauspieler-Hintergrunds des Autors gelesen haben, sondern wegen des schönen Covers und dem Klappentext, der eine außergewöhnliche Liebesgeschichte verspricht. Ich bin also ohne eine besondere Erwartungshaltung in den Roman eingestiegen. 

Unterteilt ist der Roman in zwei Teile, die wiederum in nach Jahreszeiten benannte Kapitel gegliedert ist – eine Struktur, die neugierig macht, was sich hinter hier verbirgt. Die Neugier wich allerdings schnell der Irritation über den Schreibstil des Autors und wie absurd die Geschichte konstruiert ist. Über die schwülstigen und altertümlichen Formulierungen könnte ich ja vielleicht noch hinweg sehen – auch wenn ich einen auf das Wesentliche fokussierten Schreibstil bevorzuge. Was allerdings gar nicht geht, sind die vielen Syntaxfehler. Was war denn da im Lektorat los? Hat man sich nicht getraut, den kompletten Text auseinanderzunehmen, weil der Autor einen Promibonus hat? Aber man kann doch nicht ernsthaft glauben, dass jemand Freude beim Lesen dieser willkürlichen Aneinanderreihung von Worten empfindet?

Obwohl ich schon nach fünf Seiten maximal genervt von der Art des Erzählens war, hat mich der Plot an sich interessiert, weshalb ich “Nachtleben” nicht abgebrochen habe. Den ersten Teil, in dem geschildert wird, wie Anna und Anno sich kennen- und lieben lernen, fand ich sogar noch halbwegs spannend, auch wenn die ach so großen Emotionen zwischen den beiden auf mich nicht übergesprungen sind. Ich hatte den Eindruck, Tambrea möchte unbedingt besonders viele Gefühle transportieren, aber es ist alles viel zu viel, wodurch er das Gegenteil von dem bewirkt, was er (vermutlich) eigentlich wollte.

Richtig schlimm war dann der zweite Teil. Hier kam ich zwischenzeitlich gar nicht mehr mit, weil die Erzählung dann ins Fantastische abgleitet, was grundsätzlich schon mal nicht mein Fall ist, aber in dieser wirren Sprache doppelt unerträglich. Trotzdem habe ich diesen Roman bis zum Ende gelesen (es sind ja zum Glück nur 170 Seiten), in der Hoffnung für mein Durchhalten wenigstens mit einer überraschenden Wendung belohnt zu werden. Es wird wohl keinen überraschen, dass meine Hoffnung vergeblich war. 

Mein Fazit:

“Nachtleben” ist wirklich ein schöner Roman – allerdings leider nur von außen. Das Cover ist sehr ansprechend, aber leider auch nicht mehr. Der Plot ist unglaubwürdig, die Charaktere sind blutleer. Tambreas Erzählstil ist schwülstig, altertümlich und wirr. Selbst der Satz (Druck) im Buch ist fehlerhaft. Warum hat niemand im Verlag mal zaghaft den Finger gehoben und “Ähm, really?” gefragt? Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass jemand das Manuskript las und sich dachte “Mega! Das wird ein Bestseller!”. Ich kann verstehen, dass man während einer Pandemie Lust auf ein bisschen “Nachtleben” hat. Aber die 20 Euro für dieses Buch kann man sich wirklich sparen und lieber in das echte Nachtleben investieren, sobald dies wieder möglich ist.

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