|Rezension| Wirklich nett – Marcy Dermansky
Wirklich nette Sommerlektüre
„Es war in Ordnung, dass ich lesbisch war, weil ich der feminine typ war. Genauso war es mit meinem Schwarzsein, das war die gute Variante: attraktiv und gebildet.“ (S.212)
Inhalt
Rachel Klein wollte eigentlich nicht ihren Professor für Kreatives Schreiben küssen. Aber mit seinen langen Wimpern, dem seidigen Haar und dem traurig-schönen Leben, das er auf Twitter offenbart, tut sie es doch. Und der Kuss ist …wirklich nett.
Zahid Azzam hatte nie vor, Dauergast in dem weitläufigen Haus einer seiner Studentinnen zu werden. Aber mit dem funkelnden Swimmingpool, dem unerschöpflichen Vorrat an Bio-Erdbeeren und Rachels schöner Mutter, tut er es doch. Und das Leben dort ist … wirklich nett.
Becca Klein hätte nie gedacht, dass sie sich so schnell nach ihrer Scheidung auf eine Liebesbeziehung einlassen könnte. Aber als der Professor ihrer Tochter in ihr Haus kommt und einen aprikosenfarbenen Pudel namens Princess mitbringt, tut sie es doch. Und die Affäre ist… eine sehr schlechte Idee!
Mein Eindruck
Schon das Cover von “Wirklich nett” verheißt sommerlich, gute Unterhaltung und so packte ich den Roman ein als Sommerlektüre am Pool und ließ mich hineinziehen in eine skurrile Geschichte über einen hübschen Pudel, eine naive Studentin, eine liebeshungrige Mutter und einen depressiven Uni-Professor. Allein diese Aufzählung und der sarkastische Titel machen deutlich, dass die Autorin ein Ziel verfolgt: Sie will die Leserschaft unterhalten und das gelingt ihr meiner Meinung nach vor allem durch eine schnoddrige Sprache, trockenen Humor und überspitzte Charaktere.
Authentisch ist die Geschichte, die abwechselnd aus fünf verschiedenen Perspektiven erzählt wird, nicht wirklich, aber das tut dem Unterhaltungswert keinen Abbruch. Es ist auch weniger die originelle Handlung (Mutter und Tochter verlieben sich in den gleichen Typen), sondern vielmehr die Summe der skurrilen Personen und der rotzige Ton, der “Wirklich nett” zu einer wirklich netten Urlaubslektüre machen. Durch die abwechselnden Perspektiven entsteht ein Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. Die meisten der handelnden Figuren kann man nicht mögen, aber es macht auf eine perfide Art unheimlichen Spaß, ihnen dabei zuzuschauen, wie sie, um im Ton der Autorin zu bleiben “eine Scheiße nach der anderen fabrizieren”. Aber es gab auch eine Figur, die ich wirklich mochte: Khloe – Zwillingsschwester, IT-Spezialistin und Lesbe mit Migrationshintergrund, die sich als “Diversität auf zwei Beinen” bezeichnet und unglücklich in ihre ehemalige Babysitterin verliebt ist. Sie sucht nach Strategien, das Herz ihrer Babysitterin zu gewinnen und ist dabei plötzlich nicht mehr die IT-Spezialistin mit messerscharfem Verstand, sondern ein verliebtes Mädchen, das in ihrer Verzweiflung dumme Sachen tut.
Mein Fazit:
Marcy Dermansky hat mit “Wirklich nett” zwar keine große Weltliteratur geschaffen, dafür aber eine unterhaltsame Sommerlektüre, die Spaß macht und auf sarkastische Art Themen wie Diversität, Migration, Feminismus und Machtmissbrauch behandelt. Damit ist dieser Roman perfekt zum Abschalten auf dem heimischen Balkon, am Strand oder Pool geeignet. Aber Vorsicht: Eventuell könntest du seltsame Blicke ernten, weil du an mancher Stelle laut lachen musst.