|Rezension| Ab morgen wird alles anders – Anna Gavalda

von | Feb. 21, 2017 | 0 Kommentare

Das ging schon besser, Frau Gavalda…

Verlag: Hanser
Übersetzung: Ina Kronenberger
Gebundene Ausgabe: 20,00 Euro
Ebook: 15,99 Euro
Erscheinungsdatum: 30.01.2017
Seiten: 304

„Die Begegnung mit disem Jungen, diesem Mann, diesem Filou in meinem Leben hatte vor allem eins bewirkt: Sie hat mich an die Erkenntnis erinnert – und mich zudem in ihr bestärkt -, die ich während der langen Krankheit und dem Todeskampf meiner Mutter hatte, nämlich dass der Spruch ‘Was uns nicht tötet, macht uns noch härter’ absoluter Schwachsinn ist, was uns nicht tötet, tötet uns nicht, Schluss aus.“ (S.93)

Worum geht´s?

Mathilde, 24, verliert ihre Handtasche, nachdem sie in einem Café in Paris einen Drink zu viel hatte. Darin steckt eine Menge Geld, das ihr nicht gehört. Yann, 26, fühlt sich in einem langweiligen Beruf und in einer spießigen Beziehung gefangen. Die eine sucht nach dem richtigen Mann, der andere hat den verkehrten Job, der dritte trauert um sein Kind, bei keinem läuft es richtig rund. Aber: „Ab morgen wird alles anders“. Das ist das Motto von Anna Gavaldas neuen Geschichten. In ihnen erzählt die Bestsellerautorin aus Frankreich mit Witz und Leichtigkeit von der unzerstörbaren Hoffnung der Menschen und der altmodischen Macht der Liebe in unseren modernen Zeiten.

Cover und Titel

Selbst wenn auf diesem Cover nicht groß der Name “Anna Gavalda” stehen würde, hätte ich vermutlich zu diesem Buch gegriffem weil mich das ausgesprochen geschmackvolle Hintergrundbild sowie der Titel “Ab morgen wird alles anders” im besonderen Maße ansprechen.

Das verschwommene Foto im Hintergrund, dass die Herkunft der Geschichten durch den abgebildeten Eiffelturm zugleich lokal einordnet ist vermittelt zusammen mit den gradlinigen Buchstaben von Titel und Autorenname eine gewisse Eleganz und ganz viel französischen Charme.

Mein Eindruck

Ich liebe französische Schriftsteller und Anna Gavalda ganz besonders. Umso mehr freute ich mich auf ihr neuestes Werk, bei dem es sich nicht wie bei “Nur wer fällt, lernt fliegen” um einen Roman, sondern um eine Sammlung von fünf Erzählungen handelt. Ihre frühreren Erzählbände mochte ich sehr, weshalb ich mit recht hohen Erwartungen und viel Vorfreude zu diesem Buch gegriffen habe.

Nach der ersten Erzählung war ich davon überzeugt, dass Anna Gavalda hier wieder ein kleines Meisterwerk erschaffen hat, denn diese Geschichte war so typisch für sie: sachlich und poetisch zugleich erzählt, rührend und überzeugend durch das Ungesagte. Aber dann kam Geschichte zwei. Und die war zäh. Sehr zäh. Während 3 von 5 Geschichten mit rund 30 Seiten recht überschaubar sind, sind die anderen beiden mit jeweils ca. 100 Seiten außergewöhnlich lang. Geschichte zwei von fünf ist eine davon. Auch wenn mir der Anfang der Geschichte durch den leicht pampigen und sarkastischen Ton der Protagonistin ausgesprochen gut gefallen hat, ging sie mir dann mit ihrer übertriebenen sorglosen und “Rotzgöre”-Haltung ziemlich schnell auf die Nerven. Die Geschichte hatte meines Erachtens zu viele unnötige Schlenker. Es wirkte auf mich alles zu konstruiert, die Sätze gewollt verwirrend.

Dieser Eindruck bestätigt sich auch in einer weiteren Geschichte, so dass mir letztlich die erste Geschichte am besten, zwei weitere gut und zwei andere gar nicht gefallen haben. Insgesamt fehlte mir die Leichtigkeit, mit der Anna Gavalda sonst schreibt und auch das typische französische Flair ihrer Erzählungen habe ich vermisst, obwohl sie auch dieses Mal typisch französische Schauplätze (Paris,…) beschreibt.

Wiederum gut gefallen hat mir der rote Faden, der sich durch die Geschichten zieht: Alle Protagonisten sind in dem Moment, in dem man sie begleitet, auf unterschiedlichste Art und Weise unglücklich bzw. unzufrieden und werden durch ein bestimmtes Ereignis dazu bewogen ihre Lebensentwürfe zu überdenken. Die Sehnsucht der Protagonisten nach einem anderen, besseren Leben is stets latent spürbar, obwohl sie nie explizit ausformuliert wird. Die dargestellten Charaktere sind bis auf eine Ausnahme allesamt sehr authentisch und keine Stereotype, sondern Menschen mit Ecken und Kanten.

Spannend ist auch wie die Autorin ihren Stil an den jeweiligen Protagonisten anpasst – so verschieden ihre Protagonisten sind so verschieden ist auch der Erzählstil: mal rotzig, mal poetisch, mal nüchtern – diese Vielfalt ist beeindruckend und zeigt einmal mehr Anna Gavaldas schriftstellerische Talent.

Mein Fazit:

Ich hatte große Erwartungen an “Ab morgen wird alles anders”, die sich durch eine teilweise zu bemüht wirkende Sprache nicht ganz erfüllt haben. Dennoch beweist Anna Gavalda in dieser Sammlung von fünf Erzählungen einmal mehr ihr schriftstellerisches Können, indem sie fünf ganz unterschiedlichen Charakteren ihre eigene Stimme gibt, die mal rotzig, mal nüchtern und mal sehnsüchtig ist. Vor allem die erste Geschichte war für mich eine “typische Gavalda” und bleibt dadurch nachhaltig im Kopf.

 

Vielen Dank an den Hanser Verlag für dieses Rezensionsexemplar.
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