Mein Eindruck
Eigentlich habe ich mich schon seit Jahren von Neujahrsvorsätzen verabschiedet, da ich diese spätestens im Februar ohnehin vergessen habe. Aber es gibt doch etwas, das ich mir für das neue (Lese-)Jahr vorgenommen habe und dem fällt jetzt “Eine Vielzahl von Sünden” zum Opfer: Ich quäle mich nicht mehr durch Bücher, die mir nicht gefallen.
Dabei klang diese Kurzgeschichtensammlung so vielversprechend: Die angepriesenen Momentaufnahmen von Affären verheirateter Männer und Frauen haben mich in Kombination mit dem verführerischen Titel “Eine Vielzahl von Sünden” neugierig gemacht. Was mich an dieser Thematik immer besonders interessiert, sind aber weniger die erotischen Abenteuer als vielmehr die moralischen Dilemmata, in denen die Protagonisten dieser Erzählungen (theoretisch) stecken.
Tatsächlich geht es In Richard Fords Kurzgeschichten immer in irgendeiner Form um Ehebruch – leider ausschließlich aus männlicher Perspektive und hier liegt für mich der casus knaxus, warum ich dieses Buch nach knapp 100 Seiten abgebrochen habe. Ich kam mit dieser starken Fokussierung auf die Männer nicht klar. Mir fehlte nicht nur der Zugang zu den Figuren, ich konnte auch ihre Art zu Denken und zu Handeln nicht nachvollziehen. Natürlich kann man bei Kurzgeschichten nicht ewig ausschweifend Charaktere einführen und beleuchten, aber in diesem Fall blieben die Figuren – immer erfolgreiche Journalisten/Anwälte/Polizisten – für mich kontinuierlich nebulös.
Obwohl man seinen Schreibstil schon als poetisch beschreiben könnte, ist alles Zwischenmenschliche irgendwie grob und hölzern. Hier geht es nie um Gefühle oder Gewissensbisse, sondern eher um den Akt der Sünde an sich. Dieser wird aber wiederum sehr trostlos beschrieben, auch erotische Szenen (die man bei einer solchen Thematik durchaus vermuten könnte) gibt es nicht. Auffällig ist, dass Ford stattdessen versucht, den Leser über die Dialoge einzunehmen, aber selbst die wirkten auf mich unecht und konstruiert.
Ich kann natürlich hier nicht für alle Geschichten sprechen, da ich nur die ersten drei gelesen habe, aber da sich das Muster durch alle drei Erzählungen zog, hatte ich danach einfach keine Lust mehr auf noch mehr männliche Trostlosigkeit und eine Handlung, die ohne Highlights vor sich hin plätschert.