|Rezension| I.M. – Connie Palmen

von | Aug 18, 2017 | 1 Kommentar

Ich bin so froh, dieses Buch entdeckt zu haben!

Verlag: Diogenes
Originaltitel: I.M.
Übersetzung: Hanni Ehlers
Taschenbuch: 13,00 Euro
Erscheinungsdatum: 20.01.2001
Seiten: 400

„Manchmal machen mir diese Liebe und dieses unablässige Verlangen nach seiner Gegenwart derart zu schaffen, daß ich gern für eine Weile davon befreit wäre, daß ich mich darauf zurückbesinnen möchte, wie ich einmal war. Das gelingt mir zwar auch, doch ich kann es nixht mehr genießen. Dieses ganze hehre Einsamkeit kommt mir unsinnig, lächerlich und gar nicht so heroisch vor. Ich bin am liebsten zusammen. Jede Stunde ohne ihn lohnt weniger als eine Stunde mit ihm.“ (S.266)

Worum geht´s?

Im Februar 1991 macht Ischa Meijer, in den Niederlanden als Journalist berühmt-berüchtigt, mit dem neuen Shooting-Star der Literaturszene, Connie Palmen, ein Interview. Es ist zugleich der Beginn einer ›amour fou‹. Doch im Februar 1995 stirbt Meijer überraschend an einem Herzinfarkt. ›I.M.‹ ist Connie Palmens bewegende Auseinandersetzung mit einer großen Liebe und einem Tod, der sie selbst fast vernichtet.

Cover und Titel

Das Cover von “I.M.” ist in seiner Gestaltung eher untypisch für den Diogenes Verlag, denn hier wird auf kryptische Gemälde und Titel verzichtet. Vielmehr wird dem Leser nicht nur durch 3 Untertitel, sondern auch durch eine Fotografie der Protagonisten deutlich vor Augen geführt, was sich hinter dem Kürzel “I.M.” verbirgt. Auf dem Foto zu sehen sind Connie Palmen und Ischa Meijer in einer intimen Pose mit glücklichem Lächeln. Die Untertitel erklären die drei Bedeutungen des Kürzels: Ischa Meijer, In Memoriam und In Margine.

Mein Eindruck

Bisher habe ich zwar schon von Connie Palmen gehört, aber noch nichts von ihr gelesen. “I.M.”, das bereits 2001 bei Diogenes erschien, hatte ich bisher auch gar nicht auf dem Schirm. Letztlich waren es wenige Worte einer Leserin dieses Buches, die ich kürzlich auf einem der Social Media Kanäle las, die in mir den dringenden Wunsch auslösten, diesen autobiografischen Roman zu lesen.

Die Erwartungen waren enstprechend hoch und ich hatte große Angst vor einer Enttäuschung, da Geschmäcker ja bekanntlich verschieden sind und ich mich bei meinem Spontankauf nur von einer mir unbekannten Person habe leiten lassen. Aber bereits nach wenigen Seiten wusste ich: Nein, Connie Palmen wird mich nicht enttäuschen. Ihre Art zu Schreiben hat mich sofort fasziniert: Einerseits erfrischend ehrlich, ohne blumige Metaphern, ohne die üblichen Klischees einer Liebesgeschichte zu bedienen; andererseits mitreißend, voller Gefühl und Leidenschaft. Ein Widerspruch? Nicht mehr als die Beziehung von Ischa und Connie zu sein scheint. Die Autorin schildert im Großteil ihres Buches wie ihre Liebe zu Ischa entstand und sich festigte. Dabei verzichtet sie komplett auf die Erwähnung bzw. Schilderung sexueller Handlungen, was für eine Liebesgeschiche eher ungewöhnlich ist, für mich aber den speziellen Reiz dieses Buches ausmacht. Denn trotzdem oder gerade deshalb ist es eine sehr, sehr intime Geschichte, die sie erzählt. Gerade weil sie auf Klischees wie Dinner bei Kerzenschein, Liebesschwüre und Bettszenen verzichtet, kommt man den Protagonisten so nah wie in kaum einem anderen Buch, denn hier werden die ehrlichen Details einer Beziehung offenbart inklusive Fehltritten, Streitereien, Zweifeln, aber eben auch viele inniger Momente einer leidenschaftlichen Liebe.

Im zweiten (wesentlich kürzerem) Teil, dessen Ende man entweder durch die realen Ereignisse oder den Klappentext bereits kennt, erzählt die Autorin vom plötzlichen Tod Ischas, der ihr völlig den Boden unter den Füßen wegreißt. Dieser Teil ist so voller Schmerz und Traurigkeit, das er wirklich nur schwer zu ertragen ist und trotzdem habe ich ihn gern gelesen, weil man auf jeder Seite, in jeder Zeile Connie Palmens tiefe Liebe zu Ischa spürt. Es ist nicht leicht derart authentisch über den Verlust eines geliebten Menschen zu schreiben ohne sich in Phrasen zu verlieren. Hier gelingt das auf ganz außergewöhnliche Weise, die mich tief berührt und beeindruckt hat.

Ich will mir gar nicht vorstellen, wie viel Kraft und Mut es Connie Palmen gekostet haben muss, ihre persönliche Geschichte im Nachhinein aufzuschreiben. All diese Auf und Abs mit dem schlimmsten aller Ende nochmals durchzuleben, scheint mir in Anbetracht des Gelesenen eine fast unmenschliche Aufgabe. Und doch bin ich sehr froh und dankbar, dass sie es getan hat: für sich und ihre Leser.

Mein Fazit:

“I.M.” von Connie Palmen ist nicht nur die authentische, ungeschönte Geschichte einer intensiven Liebe zwischen zwei starken Künstler-Persönlichkeiten; sie ist gleichzeitig auch eine sehr ernsthafte Auseinandersetzung mit der Endlichkeit des Lebens, die ungeschönte und tiefe Gefühle auf anspruchsvolle Weise preisgibt. Für mich ist “I.M.” eines der besten Bücher, welches ich dieses Jahr gelesen habe und eines jener Bücher, das nachhaltig im Kopf bleibt.

 

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