|Rezension| Okaye Tage – Jenny Mustard
Etwas Schönes!
„Es ist ziemlich unklug, sich mit einer Frau einzulassen, von der du weißt, dass sie bald wieder wegzieht, aber wir haben darüber gesprochen und beschlossen, unklug zu sein.“ (S.23)
Inhalt
Sommer in London: Die Schwedin Sam, impulsiv und leicht chaotisch, ist vorübergehend für ein Praktikum bei einer hippen Agentur in die Stadt gekommen. Auf einer Party trifft sie den idealistischen Luc, der nach der Uni noch nicht so recht seinen Platz in der Welt gefunden hat. Die beiden verlieben sich – im vollen Bewusstsein, dass ihre Verbindung aufgrund der Umstände nur von kurzer Dauer sein kann. Abwechselnd aus Sams und aus Lucs Perspektive erzählt, folgen wir ihnen durch die Ups und Downs ihrer Beziehung, durch Glücksmomente und Zweifel, durch Verlustängste und Euphorie – ein hinreißender, temporeicher Debütroman, dessen Charme, Witz und Unmittelbarkeit man sich kaum entziehen kann!
Mein Eindruck
Der Titel des Buches lässt es zwar nicht vermuten, aber “Okaye Tage” ist der perfekte Roman für diejenigen, die mal wieder “etwas Schönes” lesen wollen, das zugleich klug und einfühlsam ist. Wer auf der Suche nach einem Buch ist, das gleichermaßen berührt und zum Nachdenken anregt, wird hier fündig. Obwohl die Geschichte größtenteils im Sommer spielt, eignet sie sich auch hervorragend als Lektüre für graue Herbst- oder Wintertage, um sich aus der grau-trüben Novembersuppe ins flirrend-heiße London zu flüchten.
Die Geschichte wechselt zwischen den Perspektiven der Schwedin Sam und des Engländers Luc, die sich in London kennenlernen und eine Beziehung beginnen. Mustard lässt uns an ihrem Glück, ihren Zweifeln und ihrer Suche nach Orientierung teilhaben. Dabei gelingt es der Autorin, die individuellen Stimmen der beiden Protagonist glaubwürdig und einzigartig zu gestalten. Während Sam mit der Frage ringt, ob sie in einem fremden Land glücklich werden kann und welche Kompromisse sie für die Liebe eingehen möchte, beschäftigt sich Luc mit seiner beruflichen Zukunft und der Angst, seine Ideale zu verraten.
Besonders berührend ist, wie Mustard die Höhen und Tiefen einer Beziehung einfängt. Die Euphorie des Verliebtseins wird ebenso eindringlich beschrieben wie die stillen Momente, in denen Zweifel und Verlustängste aufkommen. Dialoge wie „Aber selbst wenn es uns jetzt mies geht, (…) verbringe ich lieber noch zwei miese Tage mit dir als zwei okaye Tage ohne dich“ (S. 87) wirken dabei nie kitschig, sondern authentisch und direkt aus dem Leben gegriffen.
Doch “Okaye Tage” ist mehr als nur eine Liebesgeschichte. Jenny Mustard fängt das Lebensgefühl von Mittzwanziger auf eindringliche Weise ein. Themen wie berufliche Selbstverwirklichung, Ideale, Bindungsängste und die Frage, was es bedeutet, in einem fremden Land Fuß zu fassen, durchziehen die Handlung. Diese Vielschichtigkeit verleiht dem Roman eine besondere Tiefe, ohne dass er an Leichtigkeit verliert. Der Titel mag zunächst irreführend wirken, doch genau darin liegt die Stärke des Buches: Es widmet sich den kleinen Momenten des Lebens – den “okaye Tagen” – und zeigt, wie bedeutsam sie sein können, wenn man sie mit den richtigen Menschen teilt.
Mein Fazit:
“Okaye Tage” von Jenny Mustard ist ein feinfühliger und vielschichtiger Roman, der die Höhen und Tiefen einer jungen Beziehung ebenso authentisch wie berührend einfängt. Mit klugen Reflexionen über Liebe, Selbstfindung und die Herausforderungen des Erwachsenwerdens ist er nicht nur etwas für die Mittzwanziger-Generation im Buch, sondern auch für alle anderen. Mich hat dieser Roman vor allem durch seine gleichzeitige Leichtigkeit und Tiefe begeistert sowie durch Jenny Mustards ehrliche Sprache, die sich auch in der deutschen Übersetzung wunderbar wiederfindet. Die Geschichte von Sam und Luc regt dazu an, mit einem neuen Blick auf die “okayen Tage” des eigenen Lebens zu blicken und zeigt, wie wichtig es ist, das Besondere im Alltäglichen zu erkennen.