|Rezension| Vom Ende der Nacht – Claire Daverley
Ein Buch über den einen Menschen, den man nachts anrufen kann
„Sie denkt, dass sie (ihn) liebt, und weiß, dass er sie auch liebt, doch manchmal wünscht sie sich, er würde sie anblicken, als könnte er sie auffressen, sie so berühren, dass sie sich begehrt, anstatt umsorgt fühlt. Aber er nippt bloß an seinem Wein, zeigt beim Sprechen alle Zähne und reicht die Karotten über den Tisch.“ (S.239)
Inhalt
Die aufwühlende und zugleich zärtliche Geschichte zweier Menschen, die nicht anders können als sich immer und immer wieder anzuziehen. Will und Rosie gehören schon jetzt zu den unvergesslichen Liebespaaren der Weltliteratur – ihre Geschichte wird Sie vom Schlafen abhalten.
Will und Rosie. Sie könnten gegensätzlicher nicht sein, und doch verlieben sie sich ineinander: verstohlene Blicke, Sonnenuntergänge am Lagerfeuer, Gespräche bis spät in die Nacht. Sie sind kurz davor, etwas Wunderbares zu beginnen. Bis eines Tages ihre Welt zerbricht.
Auch wenn die Jahre vergehen, finden sie immer wieder zueinander und können das, was hätte sein können, nicht ganz loslassen.
“Vom Ende der Nacht” erzählt von unmittelbarer Nähe, verpassten Chancen, den vielen Lieben, die wir im Laufe unseres Lebens haben – und der einen, zu der wir immer wieder zurückkehren.
Mein Eindruck
Dieses Buch ist mal wieder ein gutes Beispiel dafür wie wichtig ein ansprechendes Cover ist. Hätte dieses Buch ein anderes, weniger ansprechendes Cover, hätte ich mich vermutlich nicht dafür interessiert, denn der Titel ist nichtssagend: “Vom Ende der Nacht”. Eigentlich sollte man ja mit dem Positiven beginnen, aber ich fange gleich mal an zu meckern. Wer ist dafür verantwortlich, dass dieses Buch diesen Titel bekommen hat? Wenn mich jemand während der Lektüre gefragt hat, was ich gerade lese, musste ich jedes Mal nachschauen, weil ich mir den Titel einfach nicht merken kann. Selbst jetzt, beim Schreiben der Rezension, vergewissere ich mich mit einem Blick zum Buch, dass ich hier den richtigen Titel schreibe. Den Originaltitel hingegen – “Talking at night” habe ich sofort parat. Und warum? Weil er sich auf den Inhalt des Buches bezieht während die deutsche “Übersetzung” so beliebig ist wie der Titel eines Nicholas Sparks Romans.
Nun aber zum Inhalt des Debütromans von Claire Daverley: “Vom Ende der Nacht” ist eine klassische “Kriegen Sie sich oder nicht?”-Liebesgeschichte. Ich mag solche Geschichten über verpasste Chancen oder unglückliche Lebensumstände, die verhindern, dass ein Paar zusammenfinden. Bei Will und Rosie, zwei – wie sollte es anders sein – gegensätzliche Charaktere, ist die Sache ein wenig anders. Als Leser begleiten wir die Beiden über 20 Jahre, in denen zwar auch äußere Umstände verhindern, dass sie zueinander finden, aber vor allem tut dies Rosie, die sich gern selbst im Weg steht. Der Autorin gelingt es zwar, den Spannungsbogen bis zum Ende zu ziehen, aber zwischenzeitlich war ich schon ein wenig genervt von Rosie und ihrem Gutmenschentum.
Was ich dagegen sehr mochte, waren die Momente, in denen sich Will und Rosie begegneten. Die Autorin hat ganz wunderbar die Bandbreite der Emotionen, die in diesen Momenten steckte, eingefangen: die Wärme, das Verlangen, das Kribbeln, aber auch die Wut, die Enttäuschung und die Angst, die sie spürten – je nach Situation. Und vor allem diesem “Ich will das, was ich nicht haben kann.”-Gefühl wurde sehr gut Ausdruck verliehen.
Außerdem mochte ich das Setting in England am Meer. Die bildhafte Sprache machte es leicht, sich die abendlichen Treffen am Leuchtturm vorzustellen oder die Lagerfeuer auf der Klippe. Nun könnte man meinen, dieser Roman wäre voller Klischees: Treffen am Leuchtturm und Lagerfeuer am Meer, braves Mädchen trifft bösen Jungen, usw. Und vielleicht stimmt das auch. Aber Claire Daverley gelingt es trotzdem, Emotionen zu wecken und die Spannung hoch zu halten.
Mein Fazit:
“Vom Ende der Nacht” ist eine klassische Liebesgeschichte, die ich gern gelesen und die mich Dank des Spannungsbogens gut unterhalten hat. Mit meiner Lieblingsliebesgeschichte dieser Art “Zwei an einem Tag” von David Nicholls kann sie nicht mithalten, aber ich mochte das Setting an der Küste Norfolks und die Art wie Emotionen Ausdruck verliehen wurde. Und allein wegen des schönen Covers (das ist übrigens viel, viel schöner als das der Originalausgabe!) freue ich mich, dass ich dieses Buch nun ins Bücherregal stellen kann. Für die Taschenbuchausgabe wünsche ich mir einen neuen Titel: “Gespräche bei Nacht”.