|Veranstaltung| Julius Fischer liest aus “Ich hasse Menschen”

Okt 18, 2018 | 0 Kommentare

Ich liebe meine Stadt ja wirklich sehr, aber was die kulturelle Szene betrifft, gibts in Jena wirklich noch Nachholbedarf, vor allem wenn man nach interessanten Lesungen sucht. Umso erfreuter war ich, als ich vom Verlag voland & quist die Info erhielt, dass Julius Fischer im Oktober aus seinem aktuellen Buch “Ich hasse Menschen”, das ich vor kurzem erst rezensiert hatte, in Jena lesen wird. Es stand außer Frage, dass ich mir diese Gelegenheit nicht entgehen lassen würde. Ich wollte meinen Menschenhasser-Freund unbedingt live erleben.

Ich war schon öfter bei Lesungen im F-Haus oder Volksbad bzw. -haus, aber noch nie im Paradiescafe Jena, das ich mir als Lesungs-Location nicht so richtig vorstellen konnte. An dieser Stelle muss ich deshalb explizit erwähnen wie großartig das Paradiescafe diese Lesung begleitet hat. Es gab nicht nur leckere Speisen (!) und ausgefallene Getränke zu moderaten Preisen (sucht man beides sowohl im F-Haus als auch in den städtischen Veranstaltungsstätten vergeblich), sondern vor allem auch eine schöne Atmosphäre durch einzelne Tische mit weißen Tischdecken, die im Saal verteilt waren anstatt der üblichen Stuhlreihen. Dadurch bekam die ganze Veranstaltung ein heimeliges, gemütliches Flair und es war tatsächlich schwer, bei dieser Veranstaltung Menschen zu hassen, denn alles war friedlich, mal hockte sich nicht so auf der Pelle wie bei anderen Veranstaltungen und es wurde weder laut noch Übelriechendes gegessen.

Julius Fischer kam beschwingt und gut gelaunt auf die Bühne. Er unterhielt sein Publikum sehr kurzweilig für eine Dauer von insgesamt 2,5 Stunden (mit kurzer Pause), was für einen Abendkasse-Preis von 15 Euro Preis-Leistungs-mäßig kaum zu toppen ist. Dabei las er natürlich immer wieder Passagen aus “Ich hasse Menschen”, selbstverständlich ohne zu spoilern. Die Auswahl der Textstellen war meines Erachtens sehr geschickt, an der Reaktion des Publikums war zu merken, dass es sich in seinen Texten wiederfand. Schön fand ich außerdem, dass er zu Beginn der Lesung den Begriff “Hass” relativierte und damit auch die letzten Zweifler davon überzeugt haben sollte, dass sein Buchtitel nicht ganz ernst zu nehmen ist.

Neben der Lesung des Buches, die den Hauptteil der Veranstaltung einnahm, gab es aber noch weitere Highlights wie ein sehr spezielles Liebeslied für seine Frau, sein WM-Song für 2022, seine Antwort auf eine Phishing-Sex-Mail und nicht zuletzt einen Text über die Vorzüge von Katzen gegenüber Pferden. Beeindruckend und mutig, weil es gar nicht in das sonst so heitere Programm passte, war außerdem ein Gedicht über die aktuelle politische Lage (Stichwort: Chemnitz), mit dem Julius Fischer zeigte, dass er nicht nur der lustige Spaßvogel ist.

Apropos Spaßvogel: Gerade Julius Fischers musikalischen Einsätze kamen beim Publikum besonders gut an und wurden mit entsprechendem Grölen gewürdigt. Auch ich war von der Qualität und Originalität seiner ironischen Liedtexte begeistert und hätte es auch nicht schlimm gefunden, wenn er den ganzen Abend Musik gemacht hätte. Beeindruckt hat mich auch seine Singstimme. Julius Fischer dürfte auch gern ernsthafte Musik machen. Ich würde sie kaufen.

Insgesamt war es – auch dank der schönen Location – ein gelungener, sehr amüsanter Abend, bei dem ich 2,5 Stunden mal keine Menschen gehasst habe. Erst auf dem Heimweg wieder, als mir ein Jugendlicher mit seiner lauten Gangsta-Rap (I”ch f… dich und deine Mudda”) Musik aus dem Handy entgegenkam. Ich hasse Menschen.

“Ich hasse Menschen” kann man übrigens auch als Hörbuch erwerben, das vom Autor persönlich eingelesen wurde. Nach der Lesung möchte ich das jedem ans Herz legen, denn wenn Julius Fischer seine Texte selbst liest, potenziert das den Spaß-Faktor um ein Vielfaches.

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