|Rezension| Der Bademeister ohne Himmel – Petra Pellini

von | Feb. 9, 2025 | 0 Kommentare

Außergewöhnlich schön!

Gebundene Ausgabe: 23,00 Euro
Ebook: 8,99 Euro
Erscheinungsdatum: 16.07.2024
Seiten: 320

„Im Grunde genommen hören wir einander so schlecht zu, dass man meinen könnte, wir hören weg. Nie sitzen wir zusammen, um zuzuhören. Wir reden einfach nur, damit die Dinge gesagt sind. Wir hängen dem anderen die schlechte Laune um. Wer hat noch nicht? Wer will noch mal? Das alles bringt nichts, weil wir uns nie erreichen und nie erreichen werden.“ (S.127)

Inhalt

Linda ist fünfzehn und würde am liebsten vor ein Auto laufen. Doch noch halten zwei Menschen sie davon ab: ihr einziger Freund Kevin, der daran verzweifelt, dass die Welt am Abgrund steht. Und Hubert, sechsundachtzig Jahre alt, ein Bademeister im Ruhestand, der seine Wohnung kaum mehr verlässt, Karotten toastet und auf seine Frau wartet, die vor sieben Jahren verstorben ist. Dreimal wöchentlich verbringt Linda den Nachmittag bei Hubert, um die polnische Pflegerin Ewa zu entlasten, die mit durchaus eigenwilligen Mitteln ihren Beruf ausübt. Feinfühlig und spielerisch begegnet Linda Huberts fortschreitender Demenz und versucht, den alten Bademeister im Leben zu halten. Bis das Schicksal ihre Pläne durchkreuzt …

Mein Eindruck

Schon nach wenigen Seiten von “Der Bademeister ohne Himmel” wusste ich: Das wird gut. Und ich habe mich innerlich gescholten, dass dieser Roman seit letztem Sommer ungelesen in meinem Regal stand. Doch rückblickend kann ich sagen: Ich habe ihn genau zur richtigen Zeit gelesen. Es war das richtige Buch im richtigen Moment – und obwohl das Jahr noch jung ist, bin ich sicher, dass Petra Pellinis Debüt zu meinen Jahreshighlights gehören wird.

“Der Bademeister ohne Himmel” erzählt die berührende Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft zwischen der 15-jährigen Linda und dem 86-jährigen Hubert, einem ehemaligen Bademeister, der an fortschreitender Demenz leidet. Und dann sind da noch Ewa, Huberts polnische Pflegerin und Kevin, Lindas einziger Freund. Mit großer Feinfühligkeit, warmem Humor und spürbarer Empathie schildert Pellini die Herausforderungen des Erwachsenwerdens und des Vergessens, indem sie die zwischenmenschlichen Beziehungen ihrer Figuren beleuchtet. Ihr Schreibstil ist klar und präzise, dabei voller Wärme und feinem Humor. Die Dialoge wirken lebendig und authentisch, die Charaktere sind liebevoll und vielschichtig gezeichnet. Besonders beeindruckt hat mich, wie mühelos Pellini schwere Themen mit Leichtigkeit erzählt, ohne ihre Tiefe zu verlieren.

Gerade das Thema Demenz erfordert Fingerspitzengefühl – die Balance zwischen Authentizität und Würde, ohne ins Kitschige oder ins Slapstickhafte abzurutschen. Denn ja, Demenz kann absurde, mitunter komische Situationen mit sich bringen, doch sie bleibt eine tragische Krankheit. Pellini gelingt diese Gratwanderung auf beeindruckende Weise. Dass sie selbst Krankenschwester ist und jahrelang mit demenzkranken Menschen gearbeitet hat, spürt man in jeder Zeile.

Beim Lesen habe ich gelacht (Kirche), geweint (See) und an einer Stelle hatte ich Gänsehaut von Kopf bis Fuß (Hund). Es ist lange her, dass mich ein Roman so tief berührt hat.

Und dann das Ende – eine unerwartete Wendung, die mich überrascht und noch lange beschäftigt hat. “Der Bademeister ohne Himmel” ist definitiv keins dieser Bücher, das man liest und sich eine Woche später schon nicht mehr an den Titel erinnern kann. Es ist ein Buch, das bleibt.

Mein Fazit:

“Der Bademeister ohne Himmel” ist ein beeindruckendes Debüt, das mit seiner Mischung aus Feinfühligkeit, Humor und Wärme überzeugt. Es ist eine Geschichte über das Leben, das Vergessen und die Bedeutung von zwischenmenschlichen Beziehungen. Ein Buch, das lange nachhallt und zum Nachdenken anregt. Muss man lesen! Das geht übrigens auch hervorragend im Winter – hab ich für euch getestet! 

 
Vielen Dank an Rowohlt Kindler für dieses Rezensionsexemplar.
 
 
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