|Rezension| Ohne mich – Esther Schüttpelz

von | Mai 6, 2023 | 0 Kommentare

Selbstfindung im 21. Jahrhundert 

Verlag: Diogenes
Gebundene Ausgabe: 22,00 Euro
Ebook: 18,99 Euro
Erscheinungsdatum: 22.02.2023
Seiten: 208

„Auf eine Art hatte der Ehemann sehr wohl zu mir gepasst. Leider war es genau die Art, mit der man sich in die Scheiße reitet.“ (S.7)

Inhalt

Sie ist Mitte zwanzig, gerade fertig mit dem Studium und genauso frisch verheiratet wie getrennt. Was tun, nachdem eine erste große Liebe krachend gescheitert ist? Die Erzählerin von Esther Schüttpelz’ Roman sucht. Nach dem Grund für die Trennung. Nach einem Plan für die Zukunft. Nach Freundschaft und nach Nähe und Rausch und Vergessen. Scharfzüngig, verletzlich und komisch erzählt sie von einem Jahr des Danach und Dazwischen, von der Sehnsucht nach Verbundenheit in einer distanzierten Welt.

Mein Eindruck

Das Besondere – und sicher auch für einige irritierende – an diesem Roman, ist die Tatsache, dass es sich bei “Ohne mich” um einen wilden Gedankensalat der Ich-Erzählerin handelt.  Ich mochte, wie sie schreibt, die kurzen Sätze, ihren Humor, ihre Rotzigkeit. Was ich nicht mochte, war die Story. Warum sie sich trennt, weiß sie selbst nicht genau, warum sie ihn geheiratet hat, auch nicht so genau. Alles wirkt sehr beliebig – ihre (Ex-)Beziehung, ihr Studium, ihr Hobbys, ihre Freunde, ihre Familie. Zu allem hält sie eine Distanz aufrecht, nichts macht sie wirklich mit Leidenschaft. Beim Lesen hatte ich das Gefühl, alles sei austauschbar. Der Mann, die Gitarre, auf der sie ab und zu klimpert, ihre Freundschaften, die irgendwie doch keine sind. Es scheint, als wäre sie überall nur halbherzig dabei, wundert sich aber dann, dass alles nicht nach Schema F verläuft. Alles wirkt ein bisschen “drüber” – nicht nur der Drogen- und Alkoholkonsum der Protagonistin. 

Mit all dem konnte ich während des Lesens aber noch gut leben, weil mir der Erzählton von Esther Schüttpelz so gut gefallen hat. Das letzte Drittel machte es mir dann aber schwer. Ich war zunehmend genervt von der Flatterhaftigkeit der Gedanken, da konnte mich auch der Schreibstil leider nicht mehr wirklich bei der Stange halten. Und dann kam das Ende und ich dachte “Echt jetzt? Nö!”. Ich würde das gern noch erklären, aber dann würde ich spoilern. 

Mein Fazit:

Bin ich zu alt für dieses Buch? Ich weiß es nicht. Ich mag wie Esther Schüttpelz schreibt, aber ich mag ihre Hauptfigur nicht. Ich bereue nicht, “Ohne dich” gelesen zu haben – alleine wegen des herrlichen Zynismus. Es ist ein interessanter Debütroman über den Versuch einer Selbstfindung im 21. Jahrhundert. Leider wirkte im Leben der Protagonistin alles ehr beliebig und sie entwickelte sich im Roman nicht weiter, so dass nach dem Lesen ein fader Beigeschmack bleibt.

Vielen Dank an den Diogenes Verlag für dieses Rezensionsexemplar.
 
 
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