|Filmrezension| Gut gegen Nordwind – Daniel Glattauer

von | Sep 12, 2019 | 0 Kommentare

Wenn das Lieblingsbuch verfilmt wird…

Trailer

Mein Eindruck

Seit ich im Frühjahr dieses Jahres davon las, dass es eine Verfilmung von “Gut gegen Nordwind” geben wird – mit Nora Tschirner als Emmi! – fieberte ich auf den gestrigen Tag – die Vorpremiere des Films im örtlichen Cine Star – hin. Gleichsam vorfreudig wie nervös war ich gespannt wie man diesen E-Mail-Roman, den ich seit 10 Jahren jedem als besten Liebesroman aller Zeiten empfehle und ich auch schon in 2 Theaterauffühungen gesehen habe, auf die Leinwand bringen will. Nora Tschirner, die ich seit “Sternenfänger” fangirle,  konnte ich mir als Emmi gut vorstellen. Alexander Fehling entsprach nicht ganz meiner Vorstellung von Leo, war aber zumindest schon mal nicht so eine Fehlbesetzung wie Jamie Dornan als Mr. Grey. Als Schauspieler kenne ich ihn kaum, war dementsprechend unvoreingenommen.

Zusammen mit einer Freundin ging ich also gestern mit hohen Erwartungen, Sekt, Taschentüchern und Frauenzeitschrift zur “Cine Lady” Premiere von “Gut gegen Nordwind”. Bereits nach der ersten Minute hatte ich aufgrund des eingespielten Liedes, das einen Soundtrack nach meinem Geschmack erahnen ließ, ein gutes Gefühl.

Irritierend war dann, dass die Geschichte von Emmi und Leo zunächst nur aus Leos Perspektive erzählt wird. Dabei wird auch weiter ausgeholt als im Buch, aber für Kenner des Buches steigt so natürlich die Spannungskurve, wann denn nun mal Emmi in Erscheinung tritt. Nach ca. 45 min. gespanntem Warten trat sie dann nicht nur stimmlich (beim Vorlesen der Mails), sondern auch bildlich in Erscheinung. Ab dann gab es die vom Buch gewohnte abwechselnde Perspektive auf das Leben beider.

Dass Nora Tschirner eine glaubwürdige Emmi abgeben wird, hatte ich ja bereits geahnt, aber dass sie mit einer angenehmen Zurückhaltung so eine authentische, nahezu perfekte Emmi abgibt, der man ihren intelligenten Sprachwitz und ihre (Stief-)Mutterrolle sofort abnimmt, hatte ich nicht zu hoffen gewagt. Wenn man Nora Tschirner noch als tollpatschige Kindergärtnerin aus Keinohrhasen vor Augen hat, wird man überrascht sein, wie erwachsen sie geworden ist und wie großartig sie vor allem in den emotionalen Szenen Gefühle transportiert.

Alexander Fehling, mit dem ich mich als den Linguisten Leo zunächst nur schwer anfreunden konnte, hatte mich spätestens bei der Interaktion mit seiner Mutter für sich eingenommen. Der vermeintlich smarte, blonde “everybodys darling”-Typ, konnte auch in den ernsten Szenen überzeugen. Ich bin unheimlich froh, dass man diese Rolle nicht mit den sonst üblichen deutschen Kino-Schauspielern in dieser Altersklasse wie Elyas M’Barek oder Matthias Schweighöfer besetzt hat! 

Dankenswerterweise hat man sich beim Film sehr nah am Roman orientiert. Einiges wurde ergänzt und nichts Wesentliches weggelassen. Gelungen ist auch die Anpassung des nunmehr 13 Jahre alten Romans von Daniel Glattauer an die heutige Zeit: So ist im Film (anders als im Buch) auch von Tinder die Rede und es werden E-Mails per Spracherkennung am Smartphone verschickt (und nicht ausschließlich am Laptop sitzend).  Nur das Ende… Das Ende ist anders… Und auch wieder nicht. Es ist nicht so drastisch wie im Buch, aber dennoch nicht komplett anders. Ich hatte schon befürchtet, dass man auch die Fortsetzung “Alle sieben Wellen” gleich mit im Film verarbeitet, aber man hat sich – zum Glück! – dafür entschieden, die Option auf eine Fortsetzung offen zu halten.

Interessant finde ich, dass der Film als “Romantik-Komödie” vermarktet wird. Komödiantisch finde ich nämlich weder das Buch, noch den Film. Zweifelsohne leben beide vom Wortwitz des E-Mail-Verkehrs der Protagonisten, aber für eine Komödie hat die Geschichte zu viele ernsthafte Momente und auch ein unpassendes Ende. Liebesfilm – okay. Romantik-Komödie – nein! Für mich ist “Gut gegen Nordwind” keine kitschige Liebesgeschichte, sondern ein Buch/Film über eine sehr erwachsene Liebe, die nur durch den Austausch von Worten entsteht und einen ungewissem Ausgang hat. Es ist definitiv kein unrealistischer “Am Ende küssen sie sich und alles wird gut”-Kitsch. Und das ist auch gut so!

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