|Rezension| Bis zum Himmel und zurück – Catharina Junk
Titel und Cover werden diesem tollen Roman nicht gerecht
„Und nein, ich will nicht selbstmitleidig sein, jeder hat sein Päckchen zu tragen und so weiter, das weiß ich alles, aber die Spätfolgen der beschissenen Entscheidungen meiner Eltern sind offensichtlich, wenn man sich anschaut, wie ich seit Jahren in einem kleinstmöglichen Erlebnis-Radius vor mich hin existiere.“ (S.285)
Worum geht´s?
Drama, Crime und Love-Stories. Als Drehbuchautorin kann Katja unzählige Leben leben, ohne selbst große Gefühle zu riskieren. Perfekt also. Okay, manchmal kommt Ratko vorbei, aber Liebe ist das eigentlich nicht. Doch als Katja eine Familienserie entwickeln soll, klappt es mit dem Schreiben plötzlich nicht mehr. Ihre eigene Familie ist nämlich ein Trümmerhaufen. Als sich dann ihre Mutter mit einer erschütternden Neuigkeit meldet, wie aus dem Nichts eine Halbschwester auftaucht und Katja ständig an Joost denken muss, kann sie sich nicht länger vor ihrer eigenen Geschichte verkriechen. Die muss nämlich dringend neu geschrieben werden…
Quelle: https://www.rowohlt.de/hardcover/bis-zum-himmel-und-zurueck.html
Cover und Titel
Catharina Junks Debüt “Auf Null” gehört zu meinen liebsten Büchern, die ich im vergangenen Jahr gelesen habe, deshalb stand außer Frage, dass ich ihren zweiten Roman “Bis zum Himmel und zurück” auch lesen werde. Um ehrlich zu sein, hätte ich mir diesen Roman aber wohl nicht vorgenommen, wenn er nicht von eben jener Autorin wäre, weil mich weder Titel (zu kitschig) noch Klappentext (zu klischeehaft) wirklich angesprochen haben. Der Titel klingt wie ein Nicholas Sparks Roman, was gar nicht abwertend gemeint ist, denn ich habe fast alle seiner Bücher gelesen, aber er ist eben kein Titel, der mich neugierig macht und man kann sich nichts darunter vorstellen.
Das Covermotiv strahlt Lebensfreude aus, was mir wiederum recht gut gefällt, wenngleich ich es rückblickend nicht wirklich mit der Geschichte in Einklang bringen kann.
Mein Eindruck
Dass Catharina Junk schreiben kann, wusste ich ja dank “Auf Null” bereits, aber dass sie mich bereits auf den ersten Seiten ihres neuesten Romans wieder völlig in den Bann zieht, hat mich doch überrascht. Sie schreibt mit einer solchen Leichtigkeit, dass man sofort drin ist in der Geschichte. Die Story ist eine gute Mischung aus Familien- und Liebesroman. Dabei ist sie anders als Cover, Titel und Klappentext es vermuten lassen, kein witziger Frauenroman, sondern eine Geschichte mit viel Tiefgang, schweren Themen wie Tod und Suchterkrankungen sowie einer Protagonistin, die – von Schuldgefühlen geplagt – dabei ist, ihr Leben mit angezogener Handbremse zu leben. Aus der Ich-Perspektive erzählt sie mit Rückblicken in die Vergangenheit von ihrer Gegenwart, in der plötzlich ihre Familie, die sie die letzten Jahre erfolgreich physisch und psychisch aus ihrem Leben verdrängt hat, wieder in ihr Leben tritt.
Überragend authentisch konstruiert die Autorin eine glaubwürdige Geschichte, die mich auf verschiedene Weise sehr berührt hat. Ich habe vermutlich ebenso viel geweint wie gelacht, denn der trockene Humor ist wie schon in “Auf Null” nicht nur genau meins, sondern auch sehr sensibel eingesetzt. Trotz der Schwere der Themen kommt “Bis zum Himmel und zurück” dadurch mit einer Leichtigkeit daher, die den besonderen Reiz der Geschichte ausmacht.
Das befürchtete Klischeehafte fand ich lediglich in der Liebesgeschichte, die für meinen Geschmack doch ein wenig vorhersehbar war. In Anbetracht dessen, dass die Familiengeschichte dafür umso spannender war, konnte ich das aber gut verschmerzen.
Mein Fazit:
Liebe potentielle Leser, bitte lasst euch nicht von Cover, Titel und Klappentext in die Irre führen: Dieser Roman ist alles andere als seichte Unterhaltung, sondern eine Geschichte mit einer großen emotionalen Bandbreite und überraschend viel Tiefgang, die mich sehr berührt hat und dank Catharina Junks locker flockigem Schreibstil trotz schwerer Themen gut verdaulich ist. Ganz klare Leseempfehlung!