|Rezension| Das Leuchten in mir – Grégoire Delacourt

von | Jan 8, 2019 | 0 Kommentare

Wenn Männer über Frauen schreiben…

Verlag: Atlantik
Gebundene Ausgabe: 20,00 Euro
Ebook: 4,99 Euro
Erscheinungsdatum: 04.10.2018
Seiten:  272

„Alexandre war ein Brandstifter, und ich hatte Lust, entzündet zu werden.

Er war ein Kartograph, der meine weißen Flecken entdeckt hatte.

Ein Mann, der meine Grammatik erraten hatte.” (S.217)

Inhalt

Emma ist vierzig und seit achtzehn Jahren mit Olivier verheiratet. Sie haben drei wohlgeratene Kinder, es könnte nicht besser sein. Dass etwas Entscheidendes in ihrem Leben fehlt, merkt Emma erst, als in einer Brasserie ihr Blick auf den von Alexandre trifft. Sie weiß sofort Bescheid. Für ihn wird sie alles riskieren, alles aufgeben – koste es, was es wolle. Der Bestsellerautor Grégoire Delacourt erzählt in seinem neuen Roman über eine große Leidenschaft, die Zerbrechlichkeit unserer Existenz und die Stärke der Familienbande, die mehr auszuhalten vermögen, als es den Anschein hat.

Mein Eindruck

Ich liebe französische Liebesromane. Ich liebe deren Flair, die Leidenschaft, Sinnlichkeit und nicht zuletzt das Setting in diesem besonders charmanten Land. Wie könnte ich da einem Roman mit dem Titel “Das Leuchten in mir”, der durch sein sinnliches Cover  all das von mir geliebte prophezeit, widerstehen? Außerdem habe ich bereits zwei Werke von Gregoire Delacourt gelesen und auch wenn mir eines davon nicht so gut gefallen hat, mag ich seine Art zu schreiben.

Gregoire Delacourts Schreibstil ist nämlich vor allem eins: typisch französisch und damit meine ich sehr emotional, schwermütig, poetisch und sinnlich. Zugegeben: Das muss man mögen, sonst wird man davon vermutlich erschlagen. Ich kann so etwas auch nicht immer lesen, aber manchmal habe ich eben Lust auf so richtig große Emotionen. Diese authentisch rüberzubringen und in wunderbare Worte zu fassen, gelingt Delacourt zuverlässig.

Die Geschichte von Emma, die seit knapp 20 Jahren verheiratet und Mutter dreier Kinder ist, und diese (scheinbare) Idylle für einen anderen Mann, den sie nur eine sehr kurze Zeit kennt, aufgeben will, ist im ersten Teil unglaublich spannend. Wie Delacourt die erste Begegnung der beiden beschreibt, ist wunderbar sinnlich und als Leser(in) ist es aufregend, Emmas aufflammendes und stärker werdendes Verlangen zu begleiten. So flog ich förmlich durch die ersten 100 Seiten und mutmaßte schon, dass ich das Buch wohl in einem Rutsch lesen würde. Aber dazu kam es nicht, da der zweite Teil des Romans sich wesentlich vom ersten unterscheidet. Er ist überwiegend schwermütig und die Handlung geht vor allem auf den nächsten 100 Seiten eher schleppend voran bis es zum Ende hin im dritten Teil nochmal spannend wird. Unterbrochen werden die einzelnen Kapitel durch Ausschnitte einer Tierparabel, die nach dem Ende des Romans nochmal in Gänze abgedruckt ist, was für das Verständnis und die Nachvollziehbarkeit der Ausschnitte definitiv hilfreich ist. 

Was den Roman ausmacht, ist die ihm zugrunde liegende Frage, ob es sich lohnt, sein gewohntes Leben für ein plötzlich auftauchendes intensives Gefühl, aufzugeben.”Verlangen” ist hier das immer wieder auftauchende Stichwort. Der erste Impuls ist die Protagonistin für ihr Verhalten zu verurteilen. Sie verlässt Mann und Kinder für einen Mann, den sie gar nicht kennt, “nur” weil sie ein unstillbares Verlangen nach ihm hat. Ist das nicht egoistisch? Und kurzsichtig? Jein. Delacourt gelingt es, Emmas Gedanken bezüglich ihrer Ehe mit Olivier einerseits und ihr intensiven Gefühle für Alexandre andererseits feinsinnig und authentisch gegenüberzustellen. Auch wenn man selbst vielleicht anders handeln würde, kann man ihre Entscheidung dadurch nachvollziehen. Durch Rückblenden und Vorausgreifen wirkt das Ganze manchmal genauso unkoordiniert wie in einem Tagebuch, was die Authentizität nur verstärkt. Emma sinniert oft und ausschweifend über ihre Empfindungen, die Delacourt auf sehr poetische und manchmal auch philosophische Weise wunderbar in Worte fasst.

Was meiner Meinung nach allerdings völlig in die Hose gegangen ist, ist die Darstellung von Emmas Mutterrolle, die letztlich völlig ausgeblendet wird bzw. Emma als Mutter dargestellt wird, die ohne Rücksicht auf ihre Kinder handelt. Sie bittet ihre Kinder um Verständnis und haut ab – ernsthaft? Und das wars. Ihre Gewissensbisse ihren Kindern gegenüber werden nur am Rand mal thematisiert. Das war mir definitiv zu oberflächlich. Ob das wirklich so gewollt ist? Oder liegt es daran, dass hier ein männlicher Autor eine weibliche Perspektive einnimmt? Stößt Delacourts Einfühlungsvermögen hier an seine Grenze? 

Auch mit Emmas exzentrischen Charakter hatte ich meine Probleme. Sie ist leider keine besonders sympathische Protagonistin, wodurch es an mancher Stelle schwer fällt, trotz der vielen geschilderten Emotionen mit ihr mitzufühlen. 

Zum Schluss noch ein Hinweis an alle Nicht-Wein-Auskenner: Das Wein-Thema wird in diesem Roman sehr ausschweifend behandelt, wodurch mir öfter ein entnervtes Stöhnen entfuhr. Man könnte es allerdings auch positiv formulieren: Weinkenner werden bei diesem Roman sicher auf ihre Kosten kommen. 

 

Mein Fazit:

Gregoire Delacourts “Das Leuchten in mir” hat mich nur bedingt zum Leuchten gebracht. Obwohl ich den Plot zu großen Teilen spannend fand und auch die sinnliche Sprache des Autors sehr zu schätzen weiß, hat der Roman mich durch seine für die Geschichte nicht zuträglichen Abschweifungen und die exzentrische Protagonistin, die als Mutter in meinen Augen nicht authentisch war, letztlich nicht überzeugen können. 

 
Vielen Dank an den Atlantik Verlag für dieses Rezensionsexemplar.
 
 
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