|Rezension| Eine unwahrscheinliche Begegnung – Éliette Abécassis

von | Jan 20, 2023 | 0 Kommentare

Ich wünschte, es wäre so schön gewesen wie das Cover!

Verlag: Arche
Originaltitel: Clandestin
Übersetzung: Kirsen Gleinig
Gebundene Ausgabe: 19,00 Euro
Ebook: 14,99 Euro
Erscheinungsdatum: 20.07.2022
Seiten: 128

“Das Leben mag das Gedächtnis nicht, das sich ihm in den Weg stellt. Das Gedächtnis behindert das Leben. Lässt das Leben erstarren, legt den Filter seiner unerbittlichen Wahrheit darüber.” (S.13)

Inhalt

Irgendwo in Frankreich fährt ein Zug durch die Landschaft. Darin sitzen eine Frau, versunken in Gedanken an ihren Freund, den sie schon lange verlassen will, und ein junger Mann, der weder eine Fahrkarte noch eine Aufenthaltsgenehmigung besitzt. Als an einem Bahnhof alle Reisenden aussteigen, hilft er ihr mit dem Koffer – und sie hilft ihm kurzentschlossen, sich vor der Polizei zu verstecken. Die beiden bleiben am Gleis zurück und merken schnell, dass sie sich zueinander hingezogen fühlen.
Doch ihre Leben und Hoffnungen könnten unterschiedlicher nicht sein. Éliette Abécassis erzählt vom Aufblitzen einer Liebe und von der Sehnsucht nach einem anderen Leben. Die zentrale Frage dieses Romans haben wir uns alle schon einmal gestellt: Kann ein einziger Augenblick alles verändern?

Mein Eindruck

Ich hatte mich so auf den zweiten Roman von Eliette Abécassis gefreut, nachdem mich von ihrem Debüt “Mit uns wäre es anders gewesen” so begeistert war. Das wunderschöne Cover von “Eine unwahrscheinliche Begegnung” war genauso verheißungsvoll wie bei “Mit uns wäre es anders gewesen”. Der Unterschied in der Herangehensweise an beide Romane war nun aber meine Erwartungshaltung, denn ich freute mich auf eine schöne französische Liebesgeschichte, gefühlvoll, klug erzählt und frei von Kitsch. Frei von Kitsch war auch Eliette Abécassis’ zweiter Roman, klug erzählt zweifellos auch. Aber was mir dieses Mal gefehlt hat, waren die Gefühle und auch der typisch französische Charme. Die Geschichte hätte auch auf jedem anderen Bahnhof erzählt werden können, die französische Protagonistin hätte durchaus auch eine andere Europäerin sein können. Der Funke ist einfach nicht übergesprungen.

Die Geschichte wirkte zu konstruiert, die Charaktere blutleer. Ich habe wohl noch nie so lange gebraucht, um 128 Seiten zu lesen. Lediglich aufgrund der wirklich schönen Sprache habe ich das Buch überhaupt beendet, stets mit der Hoffnung, dass ich mich noch einlassen kann auf das Erzählte. Aber genauso wie die beiden Fremden am Bahnhof auf Distanz bleiben, blieb ich auch auf Distanz zu den Figuren und ihren Gefühlen. Obwohl die Autorin die Leser an den Gedanken ihrer Figuren teilhaben lässt – letztlich besteht der komplette Roman nur aus den verborgenen Gedanken der Beiden – waren sie wohl von meiner Lebenswirklichkeit so weit entfernt, dass mir das einfühlen schwer fiel. Natürlich ist nicht jedes Buch schlecht, das nicht meiner Realität entspricht. Ich mag auch “Pippi Langstrumpf”, obwohl ihr Leben sehr weit von meinem entfernt ist. 

Das Ende hat mir übrigens gut gefallen, war es doch zumindest der Paukenschlag, den die Geschichte brauchte, um nicht vollends vor sich hinzuplätschern. Dennoch: Gefühlstechnisch konnte mich “Eine unwahrscheinliche Begegnung” nicht abholen. Vielleicht war es auch die stets mitschwingende Gesellschaftskritik, die zweifellos ihre Berechtigung hat, aber hier zu gewollt, zu plakativ daherkam, die das Lesevergnügen geschmälert hat.  

Mein Fazit:

Vielleicht war es das richtige Buch zur falschen Zeit. Vielleicht war meine Erwartungshaltung nach der Begeisterung für “Mit uns wäre es anders gewesen” zu hoch. Ich habe jedenfalls nichts gefühlt beim Lesen und damit ist “Eine unwahrscheinliche Begegnung” kein Buch für mich. Schade! Ich wollte es so gerne mögen.

 
Vielen Dank an den Arche Verlag für dieses Rezensionsexemplar.
 
 
Weitere Rezensionen zum Buch:
Share This