|Rezension| In jedem Augenblick unseres Lebens – Tom Malmquist

von | Aug 14, 2017 | 0 Kommentare

Schreibstil macht den rührenden Inhalt zunichte

Verlag: Klett-Cotta
Originaltitel: I varje ögonblick är vi fortfarande vid liv
Übersetzung: Gisela Kosubek
Gebundene Ausgabe: 20,00 Euro
Ebook: 15,99 Euro
Erscheinungsdatum: 11.03.2017
Seiten: 301

Worum geht´s?

Tom und Karin erwarten ihr erstes Kind, als Karin plötzlich schwer erkrankt und ins Krankenhaus eingeliefert werden muss. Das Baby wird per Kaiserschnitt gerettet, während Tom wie in einem Albtraum in den unterirdischen Gängen des Krankenhauses umherirrt. Zwischen Intensivstation und Säuglingsstation, zwischen Leben und Tod. Als er nach Hause zurückkehrt, hat er Karin verloren und ist allein mit einem Neugeborenen. Um sich seiner Trauer zu stellen und seiner Tochter ein Vater zu sein, beginnt er ein Buch zu schreiben.

Cover und Titel

Bei “In jedem Augenblick unseres Lebens” hat mich die Verbindung aus rührendem Titel und schlichtem Cover sofort angesprochen. Hinter dem Titel kann sich alles und nichts verstecken, aber er verspricht Emotionen. Das schlichte Cover, das lediglich aus einem hellblauen Hintergrund und einem grünen Zweig besteht, lässt auf eine unkitschige und ernsthafte Geschichte hoffen.
Nachdem ich den Roman nun gelesen habe, frage ich mich, warum man sich für diesen Titel entschieden hat. Ich konnte ihn bis zuletzt nicht mit dem Inhalt in Verbindung bringen, so dass er für mich bedeutungsleer bleibt und ich ihn mir aufgrunddessen auch nur schwer merken kann.

 

Mein Eindruck

Dieses Buch hat mich einige Nerven gekostet und das leider nicht aufgrund des dramatischen Inhalts. Ich war sehr neugierig auf diesen autobiografisch geprägten Roman, in dem Tom Malmquist vom Tod seiner Freundin kurz nach Geburt der gemeinsamen Tochter und seinem Leben danach erzählt. Umso schwerer fällt es mir ein Buch, in dem ein derart schweres Schicksal, das niemanden kalt lässt, geschildert wird, negativ zu bewerten. Ich kann nicht mal mit Sicherheit sagen, ob die meisten Kritikpunkte nur der Übersetzung geschuldet sind oder auch die Originalversion derart sperrig geschrieben ist.

Mein Hauptproblem mit Tom Malmquists Schilderungen ist aber definitiv kein Übersetzungsproblem. Er distanziert sich derart von seinem persönlichen Schicksal – sicher aus Selbstschulz – dass jegliche Emotionen auf der Strecke bleiben und stattdessen Einzelheiten wie zum Beispiel die wechselnden Diagnosen zur Krankheit seiner Freundin in aller Ausführlichkeit geschildert werden, die mich als Leserin erst überfordert und dann gelangweilt haben. Man erfährt kaum etwas darüber, was der Tod seiner großen Liebe und die Verantwortung für sein Baby wirklich in ihm auslöst. Genau das habe ich von diesem Roman aber erwartet. Natürlich schwingt seine Trauer, Verzweiflung und Überforderung latent in seinem Verhalten oder Dialogen mit, aber ich hätte mir mehr Innenansichten gewünscht, zumal es eben das persönliche, schwere Schicksal des Autors ist, über das er hier schreibt.

Hinzu kommt, dass die wörtliche Rede nicht als solche gekennzeichnet ist. Man muss diese Passagen deshalb oft mehrmals lesen um vollends zu verstehen, wer nun was von sich gibt. Das stört den Lesefluss immens und macht das Lesen anstrengend. Aufgrunddessen hatte ich das Buch auch nach etwa 20 Seiten abgebrochen und war mir zu dem Zeitpunkt nicht sicher, ob ich es überhaupt nochmal in die Hand nehme. Letztlich hat mich der Inhalt aber doch gereizt, so dass ich es mir zwei Monate später wieder vorgenommen habe und immerhin innerhalb von zwei Wochen auch beendet habe. Es wurde etwa ab der Hälfte, als Tom Malmquist beginnt, von seinem neuen Alltag mit seiner Tochter zu erzählen, auch etwas besser, da nun die vielen medizinischen und krankenhausspezifischen Details wegfielen. Letztlich hoffte ich aber bis zuletzt vergeblich auf mehr Emotionen des Ich-Erzählers.

Mein Fazit:

Tom Malmquist schildert sein sehr schweres Schicksal, den Verlust der Liebe seines Lebens kurz nach der Geburt der gemeinsamen Tochter, auf sehr nüchterne und distanzierte Art und Weise. Hinzu kommt ein sehr spezieller Erzählstil, der das Lesen zusätzlich erschwert, weshalb ich diesen Roman leider nicht weiterempfehlen kann. So schwer es mir auch fällt, einen autobiografisch geprägten Roman, der sich mit einer derart ergreifenden Thematik beschäftigt, zu kritisieren, war die Lektüre für mich eine ziemliche Qual und mir hat bis zuletzt ein Zugang zum Protagonisten gefehlt.

 

Vielen Dank an Klett-Cotta für dieses Rezensionsexemplar.
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