|Rezension| Nur noch ein einziges Mal – Colleen Hoover

von | Jun 2, 2023 | 0 Kommentare

Überraschend ernsthaft und tiefgreifend!

Verlag: dtv
Taschenbuch: 12,95 Euro
Ebook: 9,99 Euro
Erscheinungsdatum: 13.11.2020
Seiten: 416
Reihe: Lily, Ryle und Atlas-Reihe, Band 1

„Man begegnet im Leben so vielen Menschen. Unmengen von Menschen. Sie sind wie Wellen, die auf einen zuströmen und sich wieder zurückziehen. Darunter gibt es welche, die höher sind als andere und eine viel stärkere Wucht haben. Manche bringen Dinge von tief unten vom Meeresgrund an die Oberfläche und schleudern sie an den Strand, wo sie liegen bleiben. Spuren im Sand, die noch lange, nachdem die Wellen sich zurückgezogen haben, daran erinnern, dass sie da waren.“ (S.235f.)

Inhalt

Als Lily Ryle kennenlernt, scheinen all ihre Träume wahr zu werden: eine neue Stadt, der erste Job und dann noch Ryle – attraktiv, wohlhabend und bis über beide Ohren in Lily verliebt. Vergessen ist Lilys schwierige Kindheit. Vergessen auch Atlas, ihre erste Liebe. Doch dann trifft Lily zufällig Atlas wieder, und auf einmal zeigt Ryle sich von einer Seite, die sie niemals von ihm erwartet hätte.

Mein Eindruck

Vor 10 Jahren hatte ich eine schlimme “New Adult”-Phase und war auch ein Hoover-Fangirl. Wie sehr habe ich “Will und Layken” geliebt! Liest man allerdings einen New Adult-Roman nach dem nächsten, kommt man schnell an den Punkt, an dem man feststellt “Kennst du einen, kennst du alle.” und so widmete ich mich anderen Genres. In diesem Jahr hatte ich mich in eine Leseflaute manövriert. Ich las keine schlechten Bücher, aber ich wollte mal wieder ein Buch lesen, das mich so richtig einnimmt und das ich nicht weglegen kann. Nachdem ich mein Leid meinem Lieblingslesebuddy klagte, war der Plan gefasst: Wir lesen zusammen einen Hoover-Roman. Unsere Wahl fiel auf “Nur noch ein einziges Mal”, da es uns beiden immer wieder bei Instagram und Co. begegnete. 

Meine Erwartungen waren nicht sehr hoch. Eigentlich habe ich fest damit gerechnet, dass ich mit den Protagonisten, die mittlerweile mindestens 10-15 Jahre Jahre jünger sind als ich, nicht mehr mitfühlen kann und mich die Geschichte deshalb nicht mehr so fesseln wird wie “früher”. Weit gefehlt. Colleen Hoover bearbeitet in diesem Roman, der der erste von zwei Teilen der “Lily, Ryle und Atlas”-Reihe ist, ein brisantes Thema: häusliche Gewalt. Lily scheint mit Ryle den Mann ihrer Träume gefunden zu haben. Doch dann taucht ihre erste große Liebe Atlas wieder und Ryle, rasend vor Eifersucht, flippt aus. Nicht nur einmal. Soweit, so klischeehaft. Was mich aber unglaublich fasziniert hat, ist die Art und Weise wie Colleen Hoover glaubhaft die Lage von Opfern häuslicher Gewalt beschreibt. Die Hoffnung auf Besserung, das Hervorheben der positiven Eigenschaften des Partners, das Herunterspielen des Ausmaßes der Tat, die Suche der Schuld bei sich selbst. Man könnte vermuten, dass die Autorin hier thematisch nur an der Oberfläche bleibt, aber das ist keineswegs der Fall. Sie geht mitten rein in das Thema – bis es weh tut beim Lesen. Tatsächlich hatte ich bis ich “Nur noch ein einziges Mal” kein Verständnis dafür, warum es Opfern von häuslicher Gewalt so schwer fällt, sich zu trennen. Colleen Hoover hat es geschafft, dieses Verständnis zu etablieren.

Letztlich hat der Roman in mir das ausgelöst, was er auslösen sollte: Spannung. Endlich habe ich mal wieder 100 Seiten am Stück gelesen und konnte so richtig in der Story versinken. Es ist sicher nicht das beste Buch, das ich je gelesen habe –  dafür störten mich doch einige Sachen wie die unrealistische Nebenhandlung mit Ryles Schwester, die mit Lily einen ungewöhnlichen Blumenlade eröffnet oder die klischeehafte Gegensätzlichkeit der beiden Männer: Ryle, der erfolgreiche und wohlhabende Arzt versus Atlas, der in ärmlichen Verhältnissen aufwuchs und dem im Leben nichts geschenkt wurde. Diese Dreiecksgeschichte zwischen Lily, Ryle und Atlas bietet durch diese Ausgangslage wenig Überraschungen.

Mein Fazit:

Ich kann verstehen, dass dieses Buch bzw. die “Lily, Ryle und Atlas”-Reihe so einen Hype ausgelöst hat. Wahrscheinlich waren – wie ich – die meisten Leser:innen überrascht und fasziniert davon, welchen Tiefgang dieser optisch so lieblich daherkommende Liebesroman hat. Mich hat die Geschichte mitgerissen und ich möchte auch noch den zweiten Teil der Reihe lesen, auch wenn ich das Ende des ersten Bandes zu unglaubwürdig und weit hergeholt empfand. Den Preis zahle ich aber gern für viele spannende Lesestunden, die mich aus meiner Leseflaute rausgeholt haben. Colleen Hoover hat’s halt drauf. Auch noch 10 Jahre später.

Vielen Dank an dtv für dieses Rezensionsexemplar.
 
 
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