Literarisch sehr ansprechend, inhaltlich ausbaufähig
Ich malte mir aus, du würdest Listen schreiben –
pro und kontra
ich und sie
dafür und dagegen
gut und schlecht
bleiben oder gehen
und fragte mich, wie ich dabei wegkam, und
wusste, ich war immer die Verliererin.
Sarah Crossan: Verheizte Herzen, S. 164
Inhalt
Was passiert, wenn der heimliche Geliebte stirbt und man keinem zeigen darf, wie sehr man trauert? Wenn es keinen Ort gibt und keinen Menschen, der um die Qualen wissen darf?
Was passiert, wenn der heimliche Geliebte stirbt und man keinem zeigen darf, wie sehr man trauert? Wenn es keinen Ort gibt und keinen Menschen, der um die Qualen wissen darf?
Sarah Crossan ist mit diesem Roman ein grandioses Kunststück gelungen: Sie zeigt die Leiden einer getriebenen Frau in schnellen Beats. Ana ist Anwältin, Mutter zweier Kinder und Ehefrau von Paul. Offiziell. Insgeheim gibt es da noch Connor, Anas Klienten und heimlichen Geliebten. Doch Ana erhofft sich mehr von der Affäre als verstohlene Treffen im Hotel. Als Connor unerwartet stirbt, erfährt sie das ausgerechnet von der Person, die zwischen ihnen stand – seiner Frau Rebecca. Ana soll das Testament vollstrecken. Allein gelassen mit ihrer Trauer, sucht sie die Nähe zu Rebecca. Doch während sich der Wunsch nach einer Leidensgenossin schleichend zu einer Besessenheit steigert, vernachlässigt Ana ihre eigene Familie und wandelt dabei ständig am seelischen Abgrund. War Rebecca wirklich so unerträglich, wie Connor immer behauptet hat? Und hatte er überhaupt vor, sie irgendwann zu verlassen? Ana weiß nicht, wie und ob es ihr gelingen kann, Connor und sich selbst zu verzeihen.
Mein Eindruck
Ein Liebesroman in Versform – die Idee, die Sarah Crossan in ihrem Roman “Verheizte Herzen” umgesetzt hat, hat mich sofort neugierig gemacht. Ist der Schreibstil in kurzen Versen zu Beginn auch ziemlich gewöhnungsbedürftig,
Der poetische Titel “Verheizte Herzen” in Kombination mit dem Klappentext, der eine tragische Liebesgeschichte ankündigt, haben mich neugierig auf diesen Roman gemacht.
Das Besondere an diesem Roman ist seine Versform, die ich zugegebenermaßen zu Beginn gewöhnungsbedürftig fand, jedoch auch den besonderen Reiz dieser Geschichte ausmacht. Die Idee die Trauer über den Tod eines geliebten Menschen, die im verborgenen passieren muss, in den Mittelpunkt eines Romans zu setzen, ist nicht neu. Neu ist allerdings wie Sarah Crossan sie umsetzt. Aus der Sicht ihrer Protagonistin wird in kurzen, eindringlichen Versen geschildert wie eine Frau um ihren Geliebten trauert, während sie als Anwältin mit seiner Ehefrau dessen Nachlass regelt und ihre Gefühle auch vor ihrem Ehemann und weiterem Umfeld verbergen muss.
Nachdem Ana nach Connors plötzlichem Tod zunächst bei ihrem einzigen Verbündeten – Connors bestem Freund – Halt sucht, und von diesem abgewiesen wird, sucht sie ausgerechnet Trost bei Rebecca – Connors Ehefrau. Ziemlich schnell beginnt sie zu hinterfragen, ob Rebecca wirklich so schrecklich ist wie Connor sie immer beschrieben hat und wie ehrlich er Ana gegenüber grundsätzlich war. Hätte er sich jemals von Rebecca getrennt?
Der Plot bietet Unmengen an Potential für große Emotionen. Diese fallen allerdings der poetischen Form zum Opfer. Grundsätzlich passt die Versform ausgezeichnet, um Anas Verzweiflung und Zerrissenheit zum Ausdruck zu bringen. Allerdings lässt diese reduzierte Form keinen Raum für ausführliche Beschreibungen, die mir gefehlt haben, um einen Zugang zur Protagonistin zu finden. So war “Verheizte Herzen” ein formal ansprechend und schöner Roman mit einem interessanten Thema, der mich jedoch nicht so berührt hat wie ich es aufgrund der Thematik erwartet hätte. Vielleicht liegt das auch daran, dass mir die Beziehung zwischen Ana und Connor, so wie sie (sehr einseitig) von Ana geschildert wird, eher toxisch als romantisch vorkam und keiner der Beiden besonders sympathisch auf mich wirkte.
Zweifelsohne ist Sarah Crossan eine begabte Autorin – einen Roman mit derart viel Poesie komplett in Versform zu schreiben, zeugt von großem Können. Ich würde gern ihr nächstes Buch lesen, auch wenn “Verheizte Herzen” mich inhaltlich nicht komplett überzeugt hat.