|Rezension| Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn – Danielle Graf u. Katja Seide

von | Feb 28, 2018 | 0 Kommentare

Weckt Verständnis für das trotzende Kind

Verlag: Beltz
Taschenbuch: 14,95 Euro
Ebook: 13,99 Euro
Erscheinungsdatum: 23.02.2018 (13. Auflage)
Seiten: 288

„Ein Kind, das sich im Fahrrad oder Buggy anschnallen lässt, kooperiert. Ein Kind, das liegen bleibt, damit ihm die Windel gewechselt werden kann, kooperiert. (…) Kinder kooperieren tagtäglich unglaublich oft, doch weil das für uns Große selbstverständliche Dinge sind, dringt diese Art der Mitarbeit nicht in unser Bewusstsein vor.” (Pos. 1713)

Worum geht´s?

Will das Kind NIE ins Bett? Und Treppen laufen kommt nicht infrage? Statt selbst Tobsuchtsanfälle zu kriegen, lesen Eltern lieber dieses Buch. Die Autorinnen des größten Elternblogs Deutschlands zeigen, wie man die eigenen Nerven beruhigt und das Kind gleich mit.

Das Trotzalter ist die erste heiße Phase im Leben mit dem Nachwuchs. Kaum steht es auf seinen eigenen Beinen, beginnt das Kind nach Autonomie zu streben. Der kleine Sonnenschein wird zum tellerwerfenden Wutmonster und verunsichert seine Eltern zutiefst. Die Autorinnen machen Mut, Wege abseits der klassischen Erziehung mit festen Grenzen und strenger Konsequenz zu gehen. Sie erklären, was in den Kindern vorgeht und warum Trotzphasen wichtige Entwicklungsphasen sind, die Eltern aktiv annehmen sollten, statt sie zu unterdrücken. Die witzig-persönlichen Erfahrungsberichte, praktischen Tipps und neuesten Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung sind Balsam für die Seele gestresster Eltern.

Mein Eindruck

Erziehungsratgeber gibt es mittlerweile wie Sand am Meer und um ehrlich zu sein, habe ich sie bisher alle ignoriert. Ich wollte keine Bücher lesen, wie ich mein Kind am besten zum Schlafen bewege, am gesündesten ernähre oder am schnellsten zum eigenständigen Laufen bringe. In all den genannten Beispielen habe ich intuitiv und nach der Prämisse “Das Kind wird schon wissen, was für ihn am besten ist.” gehandelt. Irgendwann kam ich aber an den Punkt, und das war ziemlich genau um den zweiten Geburtstag des Kindes, dass ich mein bzw. unsere Erziehung das erste Mal hinterfragt habe bzw. wir mit unserem Handeln an Grenzen gestoßen sind, von denen wir bisher nicht mal wussten, dass sie existieren.

Bei Instagram las ich dann (zum Glück) von ähnlichen kleinen Teufeln in der Trotzphase und als DER ultimative Tipp wurde stets “Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn” genannt. Trotz meiner Abneigung gegen Erziehungsratgeber habe ich mir diesen aufgrund des witzigen Titels und meines spontanen Impulses dieser Aussage absolut zuzustimmen, genauer angesehen und dann unmittelbar als Ebook gekauft. Ich hatte ein bisschen Angst davor, dass dieses Buch in die Richtung antiautoritäre Erziehung, von der ich kein Fan bin, aber diese Zweifel wurden schon auf den ersten Seiten zerstreut.

Anhand konkreter Beispiele aus der Praxis, die die Autorinnen auf ihrem gleichnamigen Blog gesammelt haben, werden die häufigsten Probleme in der Trotzphase angesprochen analysiert und Handlungsempfehlungen gegeben. Dabei legen die Autorinnen viel Wert darauf, Verständnis für das Trotzkind zu wecken. Mit psychologischen und physiologischen Hintergrundwissen untermauern sie ihre These, dass Kinder im Trotzalter (noch) nicht mutwillig böse sind, sondern viele für uns selbstverständliche Dinge aufgrund ihres Alters und Entwicklungsstatus noch nicht begreifen können. Deshalb sollten wir Eltern die Dinge wertschätzen, die sie schon können bzw. ihren Kooperationswillen, den wir viel zu oft gar nicht also solchen wahrnehmen, anerkennen.

Besonders lobenswert finde ich die konkreten Ratschläge wie man sich als Elternteil bei einem Trotzanfall verhalten soll. Dabei vertreten die Autorinnen die Meinung, dass man den Kindern ihren Willen gewähren soll, wenn man es ihnen und ihren Mitmenschen nicht schadet (Kind möchte die Treppe nicht hochlaufen, also wird es eben auf den Arm genommen) und dafür in gefährlichen oder drängenden Situationen auf die Kooperationsbereitschaft des Kindes zu bestehen (an der Hand laufen im Straßenverkehr, etc.) Ich finde diesen Ansatz toll und kann nach einer zweimonatigen Testphase bestätigen: Es wirkt! Unser Trotzkind kooperiert in den für uns wichtigen Situationen nun meistens. Dafür lassen wir ihn in den für uns vertretbaren kleineren “Machtkämpfen” seinen Willen. Mag sein, dass manch einer (Generation Großeltern) der Meinung ist, das Kind tanze uns auf der Nase rum, aber für uns ist das ein super Mittelweg, den wir ohne dieses Buch nicht gefunden hätten.

Mein Fazit:

Dieses Buch ist Ratgeber, Unterhaltungsliteratur, Seelentröster und Sachbuch in einem. Allein deshalb kann ich es vorbehaltlos empfehlen. Am wichtigsten ist aber, dass ich von der Idee des Buches, das helfen will, in das Köpfchen eines Trotzkindes zu schauen,  und für mehr Gelassenheit im Umgang mit dem Trotzkind absolut begeistert bin. Diesen Auftrag erfüllen die Autorinnen auf sehr unterhaltsame und erhellende Weise, weshalb ich “Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn” jedem Elternteil, das mit der Trotzphase des Kindes an seine Grenzen kommt, dringend ans Herz legen möchte, weil es nicht nur nützliche Handlungsanweisungen enthält, sondern vor allem auch eine beruhigende und tröstende Wirkung hat.

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