|Rezension| Das kalte Haus – Martin Osterberg
Abgebrochen…
„So als Arschloch fragt man sich natürlich: Muss das sein? Warum tut man sich das noch an? Könnte man so einen Vater nicht einfach zum Teufel jagen? Geht das überhaupt: Kann man sich nicht scheiden lassen von seinen Eltern?” (S.11)
Worum geht´s?
Martin Osterberg hat Eltern und einen Bruder, aber er will mit ihnen am liebsten nichts zu tun haben. Denn bis er selbst eine Familie gründet, verbindet er damit nichts Liebevolles, sondern vor allem Sprachlosigkeit und Ablehnung. Heute Anfang Fünfzig beschreibt er beklemmend und ohne Larmoyanz, was viele Männer seiner Generation erlebten: Die emotionale Verwahrlosung und Kälte einer Zweckgemeinschaft, in der materieller Wohlstand und Leistung wichtig sind, die Väter meist abwesend oder desinteressiert und die Mütter hilflos. Was in der Kindheit beginnt und in der Pubertät eskaliert, setzt sich im Erwachsenenalter fort: Sein Vater bezeichnet ihn bei einem seiner seltenen Besuche als »Arschloch«, seine Mutter schweigt. Er braucht fast ein ganzes Leben, um sich von seinen Eltern und deren Bild von ihm zu lösen.
Cover und Titel
Mein Eindruck
“Endlich mal wieder ein autobiografischer Roman!” war mein erster Gedanke, als ich zu “Das kalte Haus” griff. “Hoffentlich kann der auch schreiben.” war mein zweiter. Dieser Pessimismus rührt aus der Erfahrung, dass ich bisher viele Autobiografien als schlecht geschrieben empfand, was in den meisten Fällen daran liegt, dass der betroffene “Autor” eben kein Autor ist, sondern oft “nur” ein Prominenter, der scheinbar etwas Spannendes über sich zu erzählen hat.
“Das kalte Haus” fängt stark an: Ich war sofort angefixt von Osterbergs Schilderung über ein Treffen mit seinen Eltern in der Gegenwart, bei dem sein Vater sich daneben benimmt und der Autor darüber sinniert, warum er sich das eigentlich immer wieder antut. Sobald er allerdings beginnt aus der Vergangenheit zu erzählen (und das ist leider schon ab Seite 16 der Fall), wird es gähnend langweilig. Ich habe etwa ein Drittel des Buches gelesen und es passiert einfach mal nichts. Es sind alltägliche Anekdoten, Belanglosigkeiten, die da zusammenhanglos geschildert werden und kaum Anhaltspunkte für eine unglückliche Kindheit bieten. Nun ist das vermutlich die besagte “heile Familie” aus dem Untertitel des Buches, sprich es gibt keine offensichtlich zerrütteten Familienverhältnisse oder Gewalt, Vernachlässigung, etc. Die unglückliche Kindheit ergibt sich für den Autor scheinbar aus Kleinigkeiten, die zu einem großen Ganzen werden. Mich haben die ellenlangen und sprachlich leider nicht besonders ansprechenden Schilderungen der Kindheitsanekdoten leider einfach nur gelangweilt, weshalb ich das Buch nach einem Drittel abgebrochen habe.
Die Sprache des Autors war – neben der Schilderung von Belanglosigkeiten – übrigens der Hauptgrund, warum ich “Das kalte Haus” nicht zu Ende gelesen habe. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass Martin Olsberg (übrigens das Pseudonym eines Berliner Journalisten) seine Gedanken und Erinnerungen genauso aufgeschrieben hat, wie sie ihm in den Kopf gekommen sind und niemand hat diese teilweise wirren Gedankengänge nochmals entwirrt bzw. die Formulierungen geglättet. Für mich war das Lesen deshalb eine Qual.
Mein Fazit:
Von “Das kalte Haus” habe ich mir die Schilderung einer schwierigen Kindheit, die für Außenstehende und oberflächlich betrachtet vielleicht ganz normal wirkt und die das weitere Leben des Autors beeinflusst, erhofft. Stattdessen bekam ich leicht wirr erzählte, langweile Anekdoten einer tatsächlich recht normalen Kindheit, die – wie so oft in dieser Generation – dadurch gekennzeichnet sind, dass man nicht oder kaum über Gefühle redet. Rechtfertigt dieser Umstand allein schon den Stempel “unglückliche Kindheit”? Ich weiß es nicht… Vielleicht werden die Schilderungen von Olsbergs Kindheit noch spannender bzw. die Hintergründe noch klater, aber ich hatte aufgrund des anstrengenden Schreibstils leider keine Geduld bis zum Ende durchzuhalten. Schade!