|Rezension| Das Licht ist hier viel heller – Mareike Fallwickl

von | Sep 6, 2019 | 0 Kommentare

Subtil, spannend, brisant – einfach brillant!

Gebundene Ausgabe: 24,00 Euro
Ebook: 15,99 Euro
Erscheinungsdatum: 30.08.2019
Seiten: 384

„Als Buchhändlerin warst du das Beste, was mir passieren konnte. Nicht, weil du so viele Bücher kauftest, sondern weil ich dich mitnehmen konnte in ebenjene Welt, zu der nur Zugang hat, wer ein Buch betreten kann. Du warst begierig, neugierig, offen für alles. Ich verliebte mich in diese Möglichkeit, gemeinsam mit dir die Literatur zu entdecken, dir zu zeigen, was Fantasie zu schaffen imstande ist, noch bevor ich mich in dich verliebte.“ (S.97)

Inhalt

Maximilian Wenger war einer der Großen, ein Bestsellerautor, ein Macher. Jetzt steht er vor einem Scherbenhaufen: Niemand will mehr seine Romane lesen, und seine Frau hat ihn gegen einen Fitnesstrainer eingetauscht. In einer kleinen Wohnung unweit von Salzburg verkriecht er sich vor der Welt.
Wengers achtzehnjährige Tochter Zoey plant ihre Zukunft nach ganz eigenen Vorstellungen. Schnell merkt sie, dass sie dabei an ihre Grenzen stößt – und das Erwachsenwerden mit Schmerz verbunden ist.
Dann bekommt Wenger diese Briefe. Obwohl sie an seinen Vormieter adressiert sind, öffnet er sie, und es trifft ihn wie ein Schlag: Sie sind brutal und zart, erschütternd und inspirierend. Wer ist die geheimnisvolle Fremde, die von flüchtigem Glück, Verletzungen und enttäuschter Hoffnung erzählt? Was Wenger nicht weiß: Auch Zoey liest heimlich in den Briefen. Sie hat etwas erlebt, das sich in diesen wütenden Worten spiegelt. Beide, Vater und Tochter, werden an einen Scheideweg geführt, an dem etwas Altes endet und etwas Neues beginnt.

Mein Eindruck

Nachdem “Dunkelgrün fast schwarz” für mich DAS Buch 2018 war, konnte ich kaum erwarten, Mareike Fallwickls zweiten Roman “Das Licht ist hier viel heller” in den Händen zu halten. Und was passierte, als es dann endlich soweit war? Ich hatte Angst, es zu lesen! Drei Wochen lag dieser Roman, auf den ich mich so gefreut habe, ungelesen auf dem Nachttisch. Und warum? Weil ich so große Angst vor einer Enttäuschung hatte. Beim Blick auf das Foto wird man schnell feststellen: Diese Angst war völlig unbegründet. Ich habe so viele Textstellen markiert wie auch schon bei Mareike Fallwickls Debütroman. 

Bisher hat es kein*e andere*r Autor*in geschafft, mich in einem Roman in so viele verschiedene Stimmungen zu versetzen wie Mareike Fallwickl. Ich habe gelacht, geschmachtet, war schockiert, mir war schlecht, ich habe gehasst, gelitten und war immer wieder fasziniert von ihrer wundervollen Sprache und wie oft sie mit einzelnen Formulierungen den Nagel auf den Kopf trifft. Wie auch schon “Dunkelgrün fast schwarz” ist “Das Licht ist hier viel heller” ein unbequemes Buch. Es thematisiert die Kluft zwischen Männern und Frauen, den Alltagssexismus, die Übergriffigkeit von Männern, derer sie sich nicht mal bewusst sind und die Machtspiele, derer Frauen immer wieder ausgesetzt sind. All das verarbeitet die Autorin ohne polemisch zu werden, ohne anzuklagen oder die Moralkeule zu schwingen. Ganz unaufdringlich, aber doch deutlich trifft sie – und ja ich muss jetzt hier mit einer Plattitüde kommen – den Nerv der Zeit.

Sie lässt den Leser an der Gedankenwelt des klassischen alten weißen Mannes ebenso teilhaben wie an der einer Frau seines Alters sowie einer jungen Frau. Was alle drei verbindet, kann ich an dieser Stelle nicht erläutern ohne zu spoilern. Nur so viel: Es geht um das Machtverhältnis und die Machtkämpfe zwischen Männern und Frauen, darum wie diese das Leben eines Einzelnen verändern und wie unterschiedlich diese Machtspiele bzw. -kämpfe von den Geschlechtern wahrgenommen werden.

Spannend ist auch wie Mareike Fallwickl ihren Roman aufbaut: Die Haupthandlung um den einst gefeierten und nun erfolglosen Autor Wenger wird durch eine Nebenhandlung, die mittels Briefen in die Haupthandlung einfließt, ergänzt. Diese Briefe zeichnen sich durch eine unheimlich poetische, philosophische und emotionale Sprache aus. Damit heben sie sich erheblich vom eher nüchternen Ton der Haupthandlung ab. 

Mein Fazit:

Ich würde mir wünschen, dass man im Deutschunterricht künftig weniger Johann Wolfgang von Goethe und mehr Mareike Fallwickl liest. Mit “Das Licht ist hier viel heller” beweist die Autorin nicht nur einmal mehr ihre schriftstellerische Brillanz, sondern auch ihren guten Riecher für spannende, brisante Themen, die sich wesentlich von dem abheben, was sich aktuell in den Romanabteilungen der Buchhandlungen finden lässt. Wie subtil sie über Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern schreibt, ohne mit der Feminismus-Fahne zu schwenken, ist in meinen Augen einzigartig und absolut brillant.

Vielen Dank an die Frankfurter Verlagsanstalt für dieses Rezensionsexemplar.
 
 
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